Pyramus und Thisbe · Griechische Sage · Ovid
Pyramus, ein tapferer junger Mann, und Thisbe, ein schönes Mädchen, wohnten in angrenzenden Häusern. Beide waren von tiefer Liebe zueinander entflammt. Ihre Eltern aber erlaubten keine Hochzeit. Ihnen war es sogar auf Befehl der strengen Väter nicht einmal erlaubt, sich zu treffen.
Die Liebenden fanden jedoch einen Spalt in der Wand, durch den sie sich unterhalten konnten. Einmal eröffnete Pyramus seiner Freundin folgenden Plan: »Ich werde durch übermäßige Liebe zu Dir gequält. Ich muss dich unbedingt sehen, Thisbe. Deshalb bitte ich dich, die Wächter zu täuschen und nachts das Vaterhaus zu verlassen. Wir werden uns beim großen Heiligtum, das vor der Stadt liegt, treffen. Dort wirst du eine Quelle und einen hohen Baum vorfinden.«
Dieser Plan gefiel dem Mädchen. Um Mitternacht täuschte sie sodann den Wächter, ging aus dem Haus und fand auch leicht den Ort. Obwohl Pyramus noch nicht da war, setzte sich Thisbe ohne Angst unter den hohen Baum.
Da kam plötzlich ein Löwe mit blutigem Maul zu Quelle. Das erschrockene Mädchen erhob sich schnell und floh weit weg. Auf der Flucht verlor Thisbe einen Teil ihrer Kleidung, das der Löwe mit Blut benetzte.
Wenig später kam auch Pyramus herbei und fand das mit Blut befleckte Kleidungsstück des Mädchens. Im Glauben, dass die Freundin nun getötet worden sei, wurde der junge Mann von großem Schmerz befallen.
Mit unglücklicher Stimme schrie er: »Diese eine Nacht richtet zwei Liebende zugrunde und ich bin schuld, Thisbe! Wenn ich als Erster dagewesen wäre, hätte ich dich sicherlich gegen die Löwen verteidigen können. Ergreift mich jetzt, ihr wilden Löwen!«
Und er fügte diese bitteren Worte hinzu: »Ich will dieses traurige Leben nicht mehr ohne dich verbringen, Thisbe.« Dann tötete er sich mit dem Schwert.
Und siehe da! Schon kehrte Thisbe zurück, um Pyramus endlich zu treffen und ihm von der großen Gefahr zu erzählen. Aber als sie den jungen Mann blutüberströmt auf der Erde liegen sah, schrie sie laut auf, wobei sie viele Tränen vergoss: »Pyramus, welch schlimmes Schicksal hat dich zugrunde gerichtet? Sprich, Pyramus, höre, öffne die Augen! Deine Thisbe ruft dich!«
Als der junge Mann den Namen des geliebten Mädchens hörte, öffnete er noch kurz die Augen, dann schied er aus dem Leben. Da erblickte das Mädchen das Schwert und sagte: »Auch ich habe eine kräftige Hand! Sicherlich werden die Eltern einsehen, dass ich nach dem Tod meines Freundes auch nicht mehr leben will. Obwohl wir zu Lebzeiten nicht zusammen gekommen sind, werden wir dennoch im Tode vereinigt sein.«
Kaum hatte sie diese Worte gesprochen, als sie sich ebenfalls mit dem Schwert tötete.
Die erschütterten Eltern begruben später die Asche der beiden in einer einzigen Urne, so dass sie im Tod tatsächlich vereint waren.
Pyramus und Thisbe · Griechische Sage · Ovid
Das Paradies ist kein Ort; Es ist ein Bewusstseinszustand.
Sri Chinmoy