Logik und Philosophie · Formale und moderne Logik
Manche Philosophen behaupten, Logik sei fortgeschrittene Philosophie und so schwierig, dass man sie nicht erklären könne.
Nun ja, Philosophen beschäftigen sich schon seit Euklid, dessen elegante mathematische Beweisführung den philosophischen Diskussionen der Alltagssprache deutlich überlegen schien, mit der Logik, dem Versuch, unseren Begriffen, unserer Sprache und unseren Ideen eine Ordnung zu unterlegen.
Logik bedeutet, die Welt mit mathematischen Mitteln zu beschreiben, die mit ihr nur wenig Ähnlichkeit besitzen und ausschließlich auf zuvor getroffenen Annahmen basieren.
Es gibt aber eine ganze Reihe empirischer Beweise, ganz zu schweigen von den intuitiv gewonnenen, dafür, dass die Annahme, das Denken sei eine Art geistiger Logik ‚falsch‘ ist, da die Menschen eher mit Hilfe geistiger Modelle und mit Hilfe ihrer Vorstellungskraft denken.
Dennoch basiert ein großer Teil der philosophischen Logik auf Aristoteles ‚Syllogistik‘, in der 256 mögliche verschiedene Argumentationstypen angeführt werden, von denen nur wenige, insofern sie auf korrekten Annahmen gründen, immer wahre Schlussfolgerungen nach sich ziehen.
Leibniz glaubte, die Logik würde den Menschen ermöglichen, eine Maschine zu bauen, die alle Fragen der Menschheit beantworten könne. Diese Illusion hat durch die Entwicklung moderner Computer neue Nahrung erhalten.
Die Logik hat jedoch auch Nachteile. Sie produziert nämlich Tautologien. Wenn man etwas Neues entdecken will, kann man sie nicht anwenden. Man kann höchstens Klarheit in etwas Verwirrendes bringen. Außerdem kann sie auch gefährlich sein. G. K. Chesterton weist in seiner ‚Orthodoxy‘ darauf hin, dass durch sie ganz normale Menschen in wahnhafte Zustände verfallen können.
Nicht die Dichter, sondern die Schachspieler werden verrückt; Mathematiker verlieren den Verstand; und mitunter auch Bank-Kassierer; aber schaffende Künstler sehr selten. Ich gedenke keineswegs die Logik anzugreifen, ich sage nur, dass die Gefahr des Verrücktwerdens in der Logik liegt und nicht in der Fantasie.
Formale Logik:
Die formale Logik hat ihren Ursprung in den Syllogismen aus Aristoteles ‚Erste Analytik‘. Es sind Argumente, die aus zwei Prämissen und einer Schlussfolgerung bestehen.
Formale Logik ist im Grunde die Wissenschaft des deduktiven Beweises. Formale Logik basiert auf dem Grundsatz, dass eine Schlussfolgerung korrekt ist, wenn es auch die Annahmen sind.
Das erscheint plausibel. Allerdings kann man die inhaltliche Bedeutung eines Arguments besser verstehen, wenn man abstrakte Symbole durch inhaltliche Bedeutungen ersetzt.
Lewis Carroll, der nicht nur ‚Alice im Wunderland‘ geschrieben hat, sondern auch ein begabter Mathematiker war, verhöhnte die Logik mit dem so genannten ‚Hummer-Argument‘:
ALLE roten gekochten Hummer sind tot
Und alle toten roten Hummer sind gekocht
ALSO sind alle gekochten toten Hummer rot!
Diese Aussage bedeutet natürlich gar nichts, im Sinne der Logik ist es nicht einmal deduktiv gültig, und genau darauf spielte Carroll an.
Moderne Logik:
Den Beginn der modernen Logik bringt man meist mit Gottlob Frege (1846-1925) in Verbindung.
Während Aristoteles sich mit der Struktur von oder vielmehr innerhalb von Sätzen beschäftigte, versucht die moderne Logik zumeist, Sätze als Propositionen und Einheiten darzustellen, die man etwa durch Symbole oder Schreibweisen manipulieren kann.
UND KUNJUNKTION — •
ODER DISJUNKTION — V
NICHT NEGATION — ∼
WENN … DANN KONDITIONAL — ♦
DANN UND NUR DANN BI-KONDITIONAL — ≡
‚ODER‘ bedeutet innerhalb der Logik immer ‚inklusive‘. Beide Möglichkeiten können also immer auch der Wahrheit entsprechen.
Doch seien sie auf der Hut. Wenn sie zum Beispiel einem Logiker sagen, sie hätten gern einen Orangensaft ODER Tee zu trinken, dann wundern sie sich nicht, wenn sie von ihm ein ziemlich unappetitliches Gebräu vorgesetzt bekommen!
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Der freie Mensch lebt in Ungewissheit. Der bewusste Mensch lebt zwangsläufig mit Zweifeln.
Erich Kästner