Das gestohlene Schwein

Das gestohlene Schwein · Fabel aus Italien · Poggio Bracciolini

In einer Stadt der Umgebung von Ancona war es Sitte, dass, wer im Winter ein Schwein schlachtete, die ganze Nachbarschaft zum Schmaus eingeladen wurde.

Einer aber, der sich davor gern drücken wollte, fragte seinen Vetter um Rat, wie er das wohl anstellen könnte. Der erwiderte ihm: »Sag nur morgen, dein Schwein ist dir in der Nacht gestohlen worden.«

Nun stahl ihm aber der Vetter, ohne dass der andere eine Ahnung davon hatte, in derselben Nacht das Schwein.

Wie der Bestohlene am anderen Morgen das Schwein nicht mehr fand, lief er wieder zu seinem Vetter und schrie laut: »Mein Schwein ist mir gestohlen worden!«

Da lachte dieser: »Das machst du ganz ausgezeichnet und ganz, wie ich dir es gesagt habe.«

Wie der Bestohlene nun wieder und immer wieder die Worte wiederholte und bei Gott schwur, es sei wahr, sagte der Vetter: »Bravo, du verstehst es wirklich ganz prächtig!«

Als der Bestohlene nun seine Eidesbeteuerungen abermals erneuerte, meinte der Vetter nur: »Siehst du, so muss man es machen. Hab ich dir nicht einen guten Rat gegeben!?«

Lehre: So straft sich Geiz und Lüge, und kommt zum Verlust auch noch der Spott dazu.

Das gestohlene Schwein · Fabel aus Italien · Poggio Bracciolini · Diebstahl

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URL: https://aventin.de/das-gestohlene-schwein-fabel/

Autor: Poggio Bracciolini

Bewertung des Redakteurs:
4

Aufmerksamkeit ist der Stoff, aus dem das Gedächtnis besteht; und Gedächtnis ist akkumulierter Genius.

James Russell Lowell