Wieder mal · Kriminalstory

Wieder mal · Kriminalstory · Wolfgang Burger

Es ist wieder soweit. Er singt wieder im Bad. Sie muss wieder mal in die Apotheke. Sie kann sich schon gar nicht mehr richtig erinnern, aber sieben oder acht Mal war es schon, in den zwölf Jahren, die sie jetzt verheiratet sind.

Und natürlich weiß sie auch diesmal, wer es ist. Die Neue aus der Exportabteilung ist es. Rote Haare und lange Beine hat sie, und kurze Röcke trägt sie.

Anfangs hat er ja so viel von ihr erzählt. Klug sei sie, geradezu frech, und vorne so und hinten so, und dann hat er von einem Tag auf den anderen nichts mehr von ihr erzählt. Dafür hat er wieder begonnen, nach Herxheim in dieses Fitness-Studio zu gehen, zweimal die Woche.

Wenn er dann wieder heimkommt, dann ist zwar sein Handtuch feucht, denn dumm ist er ja nicht, aber die Seife ist ganz trocken, und sie ist ja schließlich auch nicht dumm. Auch das teure Rasierwasser nimmt er auf einmal, das sie ihm letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hat, und das so lange nur rumgestanden hat.

Und jetzt singt er wieder im Bad! Und das heißt, sie muss wieder in die Apotheke nach Kandel, zu Frau Brenner.

Wie gut, dass die ihr damals den Tipp mit den Tropfen gegeben und einen Vorrat zurückgelegt hat, als die Firma die Herstellung aufgab. Diese Tropfen, die man Hunden gibt, Rüden, damit sie nicht diese ekligen Sachen machen.

Denn jetzt gibt es die Tropfen nicht mehr, und die Tabletten, die stattdessen verkauft werden, die wirken bei Hunden schlecht und bei Männern so gut wie gar nicht. Außerdem sind sie nicht farblos, so dass man sie nur in Dornfelder Rotwein tun kann, und den trinkt er ja nicht so viel.

Und die Tabletten sind auch nicht ganz geschmacklos und machen mehr Arbeit, weil man sie vorher in Wasser auflösen muss. Sie kann sie ihm ja schlecht ins Futter mischen, wie es auf der Packung steht.

Frau Brenner benutzt die Tropfen immer dann, wenn es bei ihrem Gatten wieder mal soweit ist. Nicht so oft natürlich, aber hin und wieder schon. Das tröstet sie dann immer ein bisschen.

Wenn er abends die Tropfen in den Riesling bekommt, dann schläft er nachts viel besser, nach ein paar Tagen hört er dann auf, im Bad zu singen, und nach zwei, drei Wochen fährt er dann auch nicht mehr nach Herxheim ins Fitness-Studio.

Nur einmal bei dieser Bibliothekarin aus Kaiserslautern, dieser schwarzhaarigen, da hat es nicht aufgehört. Der Teufel mag wissen, was die getrieben haben, es hat einfach nicht aufgehört. Da musste sie ihm schließlich von dem Pulver in den Wein geben, das sie für den Wellensittich hat, um ihn gegen Milben zu pudern.

Da hat er zwar geschimpft, der Riesling würde nach Kork schmecken, hat ihn am Ende aber trotzdem getrunken, weil er nicht gern was verkommen lässt. Dann hat er diese fürchterlichen Blähungen gekriegt, und dann war es auch mit der Liebe der Bibliothekarin irgendwann vorbei.

Hoffentlich muss sie das nicht noch einmal machen, denn danach hätte er bestimmt eine Glatze. Und das wäre ja auch nicht schön, so gar keine Haare mehr auf dem Kopf, in seinem Alter.

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Wieder mal · Kriminalstory · Wolfgang Burger · Es ist wieder soweit. Er singt im Bad. Sie muss mal in die Apotheke.

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Autor: Wolfgang Burger

Bewertung des Redakteurs:
5

Liebe heißt Bewusstsein meiner Einheit mit einem anderen.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel