Robin Hood · Hauptmann

Robin Hood · Hauptmann vom Sherwood Forest · Märchen

Robin Hood wurde in einem Dorf in Nottinghamshire geboren. Sein Vater war Förster, und er hatte einen reichen alten Onkel, den Gutsherrn Gamewell, der war ein Bruder seiner Mutter und wohnte etwa zwanzig Meilen weit weg.

Als Robin Hood ungefähr dreizehn Jahre alt war, wurde beschlossen, dass er zu Weihnachten seinen Onkel besuchen sollte, und er machte sich zu Pferd auf, und seine Mutter saß hinter ihm. Als sie auf Gut Gamewell ankamen, hieß sie der Gutsherr herzlich willkommen. Er hatte eine große Gesellschaft in seinem Haus, und sie verbrachten den Tag mit viel lustiger Unterhaltung.

Hier war es, wo sich Robin mit Klein John anfreundete, nachdem sein Onkel gesandt hatte, damit er sie mit seinen spaßigen Possen unterhalte. Aber die ganze Gesellschaft war erstaunt, als Robin aufstand und ihm alle Kniffe nachmachte, und dazu noch besser als er. Der Gutsherr war von seinem Neffen so entzückt, dass er versprach, ihn zu seinem Erben einzusetzen, wenn er auf Gamewell bleiben wollte.

Einmal war Robin fort, um seinen Vater zu besuchen, da wurde der Gutsherr plötzlich krank, und man sandte einen Boten, der ihn eiligst heimholen sollte. Inzwischen fühlte der Gutsherr, dass er sterben müsse, und schickte nach einem Mönch, damit er mit dem Himmel seinen Frieden machen könnte. Und dieser Mönch brachte ihn dazu, ein Dokument zu unterzeichnen, mit dem er alles, was er hatte, der Kirche übereignete.

Als Robin auf dem Gut ankam, war sein Onkel bereits tot, und die Mönche, die das Haus in Besitz genommen hatten, schlossen ihm die Tür vor der Nase zu und wollten ihm gar nichts geben. Das war ein schwerer Schlag für den armen Robin, denn er war als Edelmann erzogen worden und hatte kein Handwerk gelernt und war nicht imstande, sich seinen Unterhalt selbst zu verdienen.

Als er vom Gut weg ging, traf er Klein John, der auf ihn gewartet hatte. Sie waren entschlossen, ihr Glück gemeinsam zu suchen, und kamen überein, in den Sherwood Wald zu gehen und dort von dem zu leben, was sie sich mit ihren Bogen beschaffen konnten.

Bald zog sein Ruhm eine Anzahl junger Männer an, die sich seiner Bande anschlossen. Obgleich der Wald reich war an Wild, meinte Robin doch, dass sie auch noch anderes brauchten, was ohne Geld nicht zu besorgen war; und weil er dachte, dass ihn die Mönche, die ihn seines Besitzes beraubt hatten, eigentlich damit versehen müssten, forderte er von jedem Priester eine Abgabe.

Eines Tages traf er am Rand des Waldes zwei wohl berittene Priester. Da nahm er ein Pferd und beschloss, die beiden Pater zu berauben. Er packte die Zügel ihrer Pferde und befahl ihnen abzusteigen. Aber der eine hieb wild mit dem Peitschengriff nach Robin, der fing aber den Schlag mit seinem Stock auf und brachte den Priester rasch zu Boden.

Da baten die Priester um Gnade, aber sie sagten, sie hätten kein Geld. Robin war aber damit nicht zufrieden und befahl ihnen, sogleich auf die Knie zu fallen und um die Summe zu beten, die er brauche. Vor lauter Furcht konnten sie sich nicht weigern, das zu tun. Und als sie gebetet hatten und noch kein Geld zum Vorschein gekommen war, durchsuchte er beide und fand in ihren Taschen fünfzig Goldstücke.

Robin Hood liebte einen guten Spaß geradeso wie eine gute Beute. Eines Tages traf er einen fröhlich dreinschauenden Metzger auf einem Pferd mit Tragkörben an jeder Seite, der auf dem Weg zum Markt in Nottingham war. Robin handelte ihm den Gaul und die Körbe ab, und sie tauschten ihre Kleider. Der Metzger hatte die schöne scharlachrote Uniform von Robin angezogen, und Robin, der wie ein Metzger gekleidet war und auch so zu Pferde saß, ritt stracks zum Markt in Nottingham.

Dort mietete Robin einen Stand und begann sein Fleisch zu veräußern. Er gab für einen Penny mehr her, als die Metzger für fünf hergeben konnten, und so verkauften die anderen nichts. Die Metzger hielten ihn für einen Verschwender ohne Verstand und nahmen an, sie könnten mit ihm auch ein gutes Geschäft machen. Sie baten ihn daher, mit ihnen essen zu gehen.

Robin willigte ein, und nach dem Mahl bestand er darauf, die Rechnung zu bezahlen. Kaum hatte das der Friedensrichter beobachtet – ein schlauer alter Geizhals, der sowohl über den Markt als auch über das Wirtshaus gebot -, da beschloss er auch schon, seinen Vorteil daraus zu ziehen, und er sagte zu ihm: »Mein guter Mann, habt Ihr irgendwelches Hornvieh zu verkaufen?«

»Ja, mein guter Herr Friedensrichter«, antwortete Robin Hood, »wenn es Euch gefällig ist, mitzukommen und es anzuschauen.« Der Friedensrichter befahl sogleich, sein Pferd herauszuführen, und ritt mit Robin Hood davon. Als sie in den Wald von Sherwood hinein ritten, sahen sie eine Gruppe von feisten Hirschen hin und her springen. »Wie gefällt Euch mein Hornvieh, Herr Friedensrichter?« sagte Robin, »dies ist das Vieh, von dem ich Euch erzählt habe.«

»Um die Wahrheit zu sagen«, antwortete dieser, »mir gefällt Eure Gesellschaft nicht sehr, und ich wollte, ich wäre wieder sicher in Nottingham.«

Da blies Robin dreimal auf seinem Horn, und sogleich erschien Klein John mit einer Schar seiner Männer. »Hier, Kameraden«, sagte Robin, »habe ich euch den Friedensrichter von Nottingham mitgebracht, damit er heute mit euch speist, und ich hoffe, er wird für sein Mahl auch bezahlen.«

Sehr gegen seine Neigung wurde nun der Friedensrichter gezwungen, mitzugehen und mit ihnen zu speisen. Nach der Bewirtung erleichterte ihn Robin um die dreihundert Pfund, die er im Beutel hatte. Dann setzte er ihn auf sein Pferd, führte ihn aus dem Wald hinaus und bat ihn, seiner Frau eine freundliche Empfehlung zu bestellen.

Der Bischof von Hereford unternahm mehrere Fahrten in den Wald von Sherwood, um Robin gefangen zu nehmen und ihn an den Galgen zu bringen. Eines Tages sah Robin, wie der Bischof mit sechs seiner Leute ihn verfolgte. Da er keine Zeit zu verlieren hatte, lief er weiter, bis er die Hütte einer armen alten Frau erreichte. Er stürzte hinein und bat sie, sein Leben zu retten. Sie tauschte sofort ihre Kleider mit ihm, und als der Bischof mit seinen Männern hereinkam, ging Robin an ihnen vorbei und entkam so.

Als der Bischof die Hütte betreten hatte, ergriff er die alte Frau in Robins Kleidern und sagte: »Ich weiß, du bist einer von Robin Hoods Bande, deshalb bring mich dorthin, wo er ist, dann soll dir dein Leben geschenkt werden.« Die alte Frau willigte ein, ihn dort hinzubringen, sie waren rasch aufgesessen und ritten zu einer Lichtung im Wald, dort waren aber bereits alle Bogenschützen von Robin aufgestellt.

Der Bischof wendete und wollte noch davon reiten, aber Robin holte ihn vom Pferd herunter und zwang ihn, mitzugehen und an ihrem fröhlichen Festmahl teilzunehmen. Nach dem Essen erleichterten sie ihn um fünfhundert Pfund, dann führten sie ihn und sein Gefolge wieder zur Landstraße. Dort ließen die Bogenschützen sie noch dreimal hochleben und kehrten in den Wald zurück.

Als Robin und seine Männer eines Tages einen Weg dahin gingen, zog Klein John Bettlerkleider an, um seine Gefährten zu unterhalten. Er war noch nicht weit gegangen, da überholte er vier Bettler, von denen einer taub, einer blind, und die beiden anderen lahm waren. Kaum trafen sie zusammen, da fingen sie schon Streit an, denn Bettler sind sehr eifersüchtig auf andere, die sie auf ihren Wegen belästigen.

Einer von ihnen schlug deshalb mit seiner Krücke nach Klein John, und der gab die Artigkeit unverzüglich zurück, auch wenn sie vier gegen einen waren. John kniff den Stummen, da brüllte der,

und den Blinden, den ließ er sehn;
und der ein Krüppel ist seit sieben Jahren,
der konnte schneller als John jetzt gehen.

Nach diesem Treffen durchsuchte er die Bündel der Bettler und fand dreihundert Pfund Gold in ihren Mänteln eingenäht.

Auch König Richard hatte oft von der wunderbaren Geschicklichkeit Robin Hoods und seiner Bande gehört und von ihren großmütigen Taten, und er begehrte sie zu sehen. Als Mönche verkleidet bestiegen deshalb der König und zwölf seiner Hofleute die Pferde und machten sich auf zum Wald.

König Richard ritt vornweg, Robin hielt ihn für den Abt und ergriff sein Pferd beim Zügel und sagte: »Bleibt stehen, Abt, und gebt Euer Geld heraus. Es war ein Mönch, der mich zugrunde gerichtet hat, und ich habe geschworen, keinen von Eurer Bruderschaft zu verschonen.«

»Wir sind aber Sendboten des Königs«, sagte Richard. Als Robin das hörte, ließ er den Zügel los und sagte: »Gott sei mit ihm! Und möge er all seine Feinde verderben!«

Der König sagte zu Robin Hood: »Nun, du wackerer Bursche, wenn ich Begnadigung für dich und deine Männer erwirken könnte, würdet ihr dann zu treuen Untertanen?« Dies war Robins größter Herzenswunsch, und so antwortete er: »Abt, ich bin diese Art Leben müde, und der König würde in uns die treuesten und friedvollsten Untertanen finden.«

»Sieh deinen König an!« sagte Richard und machte den Mönchsumhang ein wenig auf, so dass der Stern und andere königliche Abzeichen zu sehen waren. Sogleich fielen Robin und seine Bogenschützen auf die Knie vor ihm.

»Steht auf, meine wackeren Burschen, Euer Anführer ist nun Graf von Huntingdon, und das steht ihm mit Recht zu als dem nächsten Erben des letzten Grafen. Ich gebe euch der menschlichen Gesellschaft wieder zurück und verzeihe euch aus freien Stücken alle eure früheren Vergehen.«

Robin Hood · Hauptmann vom Sherwood Forest · Märchen · England

Robin Hood · Hauptmann · AVENTIN Storys

Robin Hood · Hauptmann vom Sherwood Forest · Märchen · Robin Hood wurde in einem Dorf in Nottinghamshire geboren.

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Autor: Märchen aus England

Bewertung des Redakteurs:
4

Leben soll man leben, aber nicht die ganze Zeit darüber diskutieren.

Isabelle Adjani