Rauschmittel · Alltagspsychologie

Rauschmittel · R.M.F · Alltagspsychologie · Drogen

Rauschmittel und Drogen · Der Rausch ist nicht etwa ein Vorrecht des Menschen, auch Tiere kennen den Rausch.

Man kann Tiere durch Alkohol regelrecht betrunken machen, aber auch sonst, besonders in der Brunstzeit, gibt es Zustände, die man nicht anders denn als Rausch bezeichnen kann.

Der Mensch ist schon auf primitiven Kulturstufen dahingelangt, Rauschzustände absichtlich zu erzeugen. Kein Volk der Erde kommt ohne solche Mittel aus. Wird ein Narkotikum aus religiösen Gründen verboten, wie bei islamischen Völkern der Alkohol, so treten andere an seine Stelle, wie das Tabakrauchen, für das bei solchen Völkern ein ähnlicher »Komment« besteht wie bei uns fürs Trinken.

Es scheint, dass die menschliche Natur zuweilen irgendwie die gewohnten Geleise überschreiten muss, dass der Rausch eine Art Ventil ist, um schädliche Komplexe abzureagieren, und die meisten Religionen geben daher, als Saturnalien, Oktoberfest oder als Fasching, einen Bruchteil des Jahres frei für Rausch und Austoben.

Interessant sind unter diesem Gesichtspunkt Beobachtungen, die Nansen auf seiner Nordpol-Reise gemacht hat, wo zunächst der Alkohol ausgeschaltet war, jedoch infolge der dadurch gesteigerten Monotonie des Seelenlebens Zustände der Gereiztheit auftraten, die man sonst nicht erlebt hatte.

Nicht zufällig werden Rauschmittel überall dort verwandt, wo es gilt, einen geselligen Kreis auf einheitlich-frohen Ton zu stimmen; nicht umsonst gilt die Friedenspfeife oder der Freundschaftstrunk als Symbol der Überbrückung von Gegensätzen; ja in den meisten Religionen gelten Rauschzustände als Sakramente und Riten, um die Seele vom Irdischen zu lösen.

Es liegt fern, die Gefahren übertriebener Verwendung der Rauschmittel zu verkennen und dieser Text soll auch nicht als Propaganda für totale Abstinenz angesehen werden. Grundsätzlich ist ein Rausch in zweifacher Hinsicht (physisch und psychisch) zu betrachten, je nachdem er ohne oder mit Zuhilfenahme des Bewusstseins entsteht.

Unter physischem Gesichtspunkt gesehen, ist das einfachste Mittel starke Bewegung, die das Blut in Wallung bringt. Der Reiz des Schlittschuhlaufens, des Wanderns, des Reitens, vor allem des Alpensports liegt zum guten Teil in ihren Rauschwirkungen, wobei natürlich die physiologischen Wirkungen auch durch seelische Einwirkungen, Reize der Landschaft, das Bewusstsein der Freiheit und anderes mehr gesteigert werden.

Vor allem auch der Tanz ist ein beliebtes Rauschmittel: die drehende Bewegung, bei den tanzenden Derwischen auch das Hin- und Herbewegen des Kopfes, bringt besondere Zustände durch Alteration der Blutzirkulation hervor.

Durch besondere Atmungsmethoden und andere körperliche Techniken verstehen die indischen Yogis sich in einen Rauschzustand, das »Samadhi« hineinzusteigern, in dem ein mystisches Über-Bewusstsein eintreten soll.

Man berauscht sich auch durch chemische Mittel und Mittel
die getrunken werden, wie der altindische Somatrank, Alkohol oder Kaffee;
die geraucht werden, wie zum Beispiel Tabak Hanf oder Opium;
die geschnupft werden, wie Kokain oder Speed, auch Heroin kann man »sniefen«;
die gespritzt werden, wie Heroin, Amphetamin, Kokain und Methamphetamin. 

Bei all diesen Praktiken wird das Bewusstsein auf dem Umweg über den Körper beeinflusst. Man kann jedoch auch den Weg übers Bewusstsein direkt nehmen, was natürlich auch körperliche Änderungen mit sich bringt.

Man kann sich berauschen, indem man den Geist mit lockenden Vorstellungen füllt, die das Herz höher schlagen und die Wangen sich röten lassen. Alle Affekte sind rauschhafter Steigerung fähig: man kann sich an freudevollen, erotischen, sympathischen, gehässigen, grausamen, ja sogar grauenvollen und gruseligen Vorstellungen berauschen.

Besonders lebendig wirken sinnhafte Eindrücke, starke Farben, laute Klänge, heftige Düfte, bei denen außer der geistigen Einwirkung auch eine physische Beeinflussung mitspielt.

Man analysiere, um die Technik der Rauscherzeugung zu verstehen, die Mittel, mit denen die Menschen ihre Feste bereiten; denn Feste sind nichts anderes als gesellschaftliche Veranstaltungen zur Überwindung der Werktagsstimmung und dienen also zur Erzeugung von Rausch. Schon eine Ballfestlichkeit ist in der Lage, man zähle nur mal alles auf, was da auf den Menschen losgelassen wird, um ihn in Rauschstimmung zu bringen.

An mechanischen Mitteln wird die lebhafte, vor allem rhythmische und drehende Bewegung entfesselt, die ob ihrer Ungewöhnlichkeit um so stärker wirkt, und wozu Assoziationen des »Schwebens« (Urgeste des leichten gehobenen Ich-Gefühls) und der geschlechtlichen Annäherung in Form der Umarmung (Urgeste der erotischen Affekte) treten.

Dazu werden alle Sinne mit stärksten Mitteln bearbeitet. Lichtfülle und Farbigkeit der Gewänder reizen das Auge, rauschende Musik verführt das Ohr und regt zugleich den Bewegungssinn an, süße Düfte, vor allem von der Damenwelt reichlich verbreitet, wirken betäubend, und auch an narkotischen Mitteln, an Alkohol, Tabak und pikanten Speisen pflegt man nicht zu sparen.

Dazu wirkt die Weiträumigkeit der Säle lebenssteigernd, und auch die Wahl der Zeit, der Abend oder die Nacht, wo die Fantasie weniger gehemmt und der Geist suggestibler ist als am Tag.

Berauschend wirkt von der Bewusstseinsseite her die Masse der Teilnehmer; denn jede Masse reißt den Einzelnen mit, wenn er sich dem nicht durch Gegen-Suggestionen entzieht. Dazu tritt das Bewusstsein, in eleganter Kleidung zu sein, die gesteigerte Höflichkeit, das festliche Zeremoniell schmeicheln der Eitelkeit und dem Machtbewusstsein.

All diese raffinierten Mittel, die meist in mannigfachen Kombinationen verwendet werden, streben in dem einen Ziel zusammen, den Menschen aus der Alltagswelt herauszureißen, sein Bewusstsein gleichsam auf eine höhere Ebene emporzusteigern, ihn ein neues Lebensgefühl verspüren zu lassen, ihn soweit von seinem gewöhnlichen Ich-Kreis zu entfernen, dass er sich als ein ganz anderer vorkommt, oft überhaupt nicht mehr als Mensch, sondern als ein hoch über allem Menschlich-Allzumenschlichen schwebendes Wesen.

Man will dabei das Leben in solcher Intensität leben, dass es über sich selbst hinauszuwachsen scheint. Das ist das Gemeinsame, was alle Rauschzustände, die niedrigsten wie die erhabensten, verbindet.

Rauschmittel · R.M.F · Alltagspsychologie · Drogen

Rauschmittel · Alltagspsychologie · AVENTIN Storys

Rauschmittel · R.M.F · Alltagspsychologie · Drogen · Rauschmittel und Drogen · Der Rausch ist nicht etwa ein Vorrecht ...

URL: https://aventin.de/rauschmittel-r-m-f-alltagspsychologie/

Autor: R.M.F

Bewertung des Redakteurs:
4

Gefühle kommen und gehen wie Wolken am Himmel. Das achtsame Atmen ist mein Anker im Hier und Jetzt.

Thích Nhất Hạnh