Klarstellung · Kurzgeschichte

Klarstellung · Kurzgeschichte von Medardo Fraile · Leben

Wenn man von »Räubern in der Bank« redet, möchte man annehmen, dass sich ungefähr folgendes abgespielt hat:

Er oder Sie ging zur Bank an der Ecke, um für sich vom Bankautomaten im Inneren des Geldinstitutes Bargeld abzuheben.

Während des ganzen Vorgangs kamen zwei keineswegs vertrauenerweckende Gestalten herein. Einer trug eine alte Jacke mit herausgerissenem Futter, er zückte eine Pistole, ging zur Kasse und zielte auf den Kopf des Schalterbeamten.

»Nur einen Augenblick. Keine Bewegung. Von niemandem. Wir haben nur eine Kleinigkeit zu erledigen.«

Der andere hielt einen Plastikbeutel in der Hand, stieß mit seinem rechten Fuß die Tür zu den Büroräumen auf, war von innen im Nu im Kassenraum und öffnete die Tasche, um Geldscheine hineinzustopfen oder sich hineinstopfen zu lassen. Derweil rief er laut:

»Der Direktor! Wo ist der Direktor? Wir nehmen ihn als Geisel mit.«

Einer der Angestellten stotterte bleich: »Er ist zum Kaffee weggegangen.«

»Na schön, dann kommst du mit uns«, befahl der Eindringling dem armen Kerl, der daraufhin noch bleicher wurde.

Der draußen gab dem anderen im Kassenraum inzwischen ein Zeichen, und wie der Blitz waren beide aus der Bank draußen und in einem grünen Auto um die nächste Ecke verschwunden.

Es gab ein kurzes Aufatmen, und dann rührten sich die Leute im Schalterraum der Bank allmählich wieder. Einer der Angestellten knirschte zwischen den Zähnen hervor: »Verdammte Räuberbande, ihr werdet nicht ungeschoren davon kommen!«

Wenn ICH von »Räubern in der Bank« rede, so meine ich aber nicht das. Vielmehr will ich damit sagen, dass die Bank uns arme Kunden beraubt mit ihren hohen Gebühren und Zinsen.

Wir, die das ganze Leben lang rechnen müssen, um mit den paar Groschen, die uns zum Leben bleiben, für unseren täglichen Unterhalt sorgen zu können, sind es, die ausgeraubt werden. 

Klarstellung · Kurzgeschichte von Medardo Fraile · Leben


Die Weisheit des Lebens besteht im Vermeiden der unwesentlichen Dinge.


Lin Yutang