Kancha Prabhu · Swami Sivananda

Kancha Prabhu · Swami Sivananda · Geiz · Indien Ganges

Einst lebte in einem fernen Dorf in Indien ein Händler namens Kancha Prabhu. Er hatte seine Heimatstadt verlassen und begab sich auf die Suche nach einem Geschäft zu einem anderen Ort.

Schließlich landete er in Allahabad und handelte dort mit Stückgut. Durch den Willen Gottes wurde er schließlich sehr reich. Er war so reich geworden, dass er schon gar nicht mehr genau wusste, wie viel er eigentlich besaß.

Er hatte keine Kinder, nur seine Frau lebte mit ihm zusammen. Die Tage zogen vorüber und Kancha Prabhu wurde alt. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie irgend jemandem ein Almosen gegeben.

Eines Tages meinte seine Frau, Santipriya, sie sollten doch ein wenig Wohltätigkeit üben und wenigstens ein Mal im Leben Benares und die anderen heiligen wichtigen Pilgerorte in Indien besuchen und etwas Almosen geben.

Kancha Prabhu zögerte lange eine Pilgerfahrt anzutreten, er fürchtete die hohen Kosten für den Fahrpreis, die Lebensmittel und all die anderen Ausgaben im Zusammenhang mit solch einer Pilgerreise.

Schließlich sagte Kancha zu seiner Frau, sie bräuchten eigentlich gar keine Pilgerfahrt antreten, denn in der Nähe sei ja auch ein heiliger Badeplatz am Ganges, ein Tirthas.

Seine Frau war damit einverstanden. Kancha nahm wohlweislich kein Geld für die kurze Reise und für eventuelle Almosen mit. Er wollte nur kurz zu einem Ghat gehen, einer Treppe zum Fluss, wo ihn auch keine Pandas (Priester) erwarten würden und somit auch keine Almosen fällig wären.

Aber es war Erntefest (Sankranti) und alle Ghats waren Tag und Nacht besetzt. So mussten sie schließlich einen kleinen Umweg machen und kamen zu einem Murda Ghat, wo die Toten verbrannt wurden. Gott Shiva aber erkannte das Motiv des Kancha, nahm die Gestalt eines Priester an und setzte sich auf dem Ghat nieder.

Kancha Prabhu erschrak sehr, als er sogar hier, im Ghat der Einäschung, einen Priester sah. Der Panda näherte sich ihm und sagte: »Oh Sethji! Heute ist ein Glückstag. Habe daher sehr positive Gedanken (Sankalpa) vor dem Bad.«

Kancha antwortete sogleich: »Ich habe kein Geld dabei«. Der Panda antwortete: »Du kannst mir die Almosen (Dakshina) ja auch später geben. Sag mir nur, was du geben wirst.«

Kancha sagte ihm einen Pice zu, das ist eine der kleinsten indischen Kupfermünzen, ohne viel Wert. Gott Shiva, der sich ja in der Gestalt des Panda befand, war auch darüber erfreut und führte alle Rituale durch. Kancha nahm das Bad und kehrte anschließend mit seiner frommen Frau, die alles mit großem Interesse beobachtet hatte, nach Hause zurück.

Von Zeit zu Zeit machte ihn seine Frau auch immer wieder darauf aufmerksam, ja nicht das Almosen zu vergessen, dass er dem Priester versprochen habe.

Einige Zeit später nun wandte sich Gott Shiva, wieder in der Gestalt eines Pandas (Priester), an Kancha. Dieser war in seinem Haus und seine Frau meldete ihm die Ankunft des Pandas. Kancha wusste sofort was los war und überlegte, wie er das versprochene Almosen sparen könne. Dabei fühlte er sich so elend, als ob gerade alles Leben aus seinem Körper weichen würde, wenn er die Summe von einem Pice hergeben müsse.

Sodann sagte er zu seiner Frau, sie solle den Panda bitten, später wieder zu kommen, er habe jetzt gerade hohes Fieber. Die Frau sagte dies dem Panda, dass ihr Mann ihn jetzt nicht empfangen könne, weil er gerade hohes Fieber hätte.

Der Panda aber antwortete, er müsse aber unbedingt zu Kancha, da dieser ja erkrankt sei. Nun saß Kancha Prabhu wirklich in der Klemme. Aber schlau wie er war, erdachte er sich sogleich einen neuen Plan – er sei plötzlich verstorben, sagte er zu seiner Frau. Der Panda könne gehen. Es hätte keinen Zweck mehr hier länger zu warten.

Der Panda, Gott Shiva, antwortete daraufhin seiner Frau, die ihm auch dies gesagt hatte: »Oh arme Frau! Oh großes Unglück, mein Wohltäter ist tot. Ich werde sofort die letzten Riten für ihn durchführen und erst dann diesen Ort wieder verlassen.«

Die Frau brachte auch diese Antwort ihrem Mann, der jetzt wirklich keinen Rat mehr wusste. Der Panda würde bestimmt sein Wort halten und den Ort nicht eher verlassen, als dass alles durchgeführt wäre, dachte er.

Daher befahl Kancha befahl seiner Frau schnell einen Sarg zu besorgen, legte sich hinein und stellte sich tot. In tiefer Trauer startete sodann der Begräbniszug zum Ghat der Einäschung. Der Panda sang seine Mantras (Gebetsformeln) und als der Sarg mit Kancha gerade auf das Feuer gelegt werden sollte, schrie dieser laut auf und sprang aus dem Sarg.

Da erschraken alle Anwesenden, nur der Panda, Gott Shiva, nicht, der lachte herzhaft auf, enthüllte seine wahre Gestalt und sagte zu Kancha, er dürfe ihn um eine Gust bitten, da er sich so köstlich amüsiert hätte.

Kancha antwortete zwar mit zitternder Stimme aber sofort: »Oh Herr, bitte verzeiht mir und befreit mich vom Versprechen, Almosen zahlen zu müssen!« Gott Shiva antwortete: »So sei es» und verschwand.

Rätselhaft ist dieser Vorgang zwar, so rätselhaft wie die menschliche Natur auch. Ähnliche Fälle aber lassen sich auch heute noch finden. Wer aufmerksam die Menschen beobachtet, kann die Torheit, sich an weltliche Dinge zu klammern und dabei sogar Schmerz und Elend in Kauf zu nehmen, deutlich erkennen.

Niemand kann auch nur einen einzigen Pice (Kupfermünze) aus dieser Welt mitnehmen, wenn er stirbt. Alles müssen die Menschen hinter sich lassen, sogar ihre Körper, die viele auch so sehr lieben.

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Kancha Prabhu · Swami Sivananda · Geiz · Indien Ganges · Einst lebte in einem fernen Dorf in Indien ein Händler namens Kancha Prabhu.

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Autor: Swami Sivananda

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4

Jeder Tag ist ein kleines Leben, das heißt: ein zu bewältigendes Angebot und nicht ein Berg, den wir nicht übersteigen können.

Liselotte Nold