Io und Argos · Griechische Sage · Zeus Hera und Hermes
Wieder einmal hatte sich der Göttervater in eine hübsche junge Menschenfrau verliebt. Um die Affäre mit Io vor seiner Ehefrau Hera zu verheimlichen, hatte Zeus die Erde in Nebel gehüllt.
Hera, der dies seltsam vorkam, zauberte den Nebel weg – und was sah sie? Ihren Mann und eine weiße Kuh – Zeus hatte seine Geliebte gerade noch rechtzeitig in ein Tier verwandelt.
Dennoch durchschaute Hera die List des Zeus sofort. Aber sie hütete sich davor, dass Zeus dies erkannte. Deshalb fragte sie ihn: »Wer besitzt denn diese schöne Kuh? Woher kommt die so schöne Kuh?«
Darauf dachte sich Zeus irgendeine Geschichte aus: »Ich habe diese Kuh in dieser Gegend gefunden. Ist sie nicht schön?« Hera antwortete: »Sicher ist sie das, mein Ehemann. Deshalb bitte ich dich, dass du mir dies schöne Tier schenkst.«
Zeus, um nicht den Argwohn seiner Frau zu erregen und um ja keinen Verdacht aufkommen zu lassen, übergab ihr die Kuh. Hera führte die Kuh sofort zu einem Wächter, der den Namen Argos trug. Dieser war der beste Wächter, weil er hundert Augen hatte.
Hera sagte zu ihm: »Ich wünsche, Argos, dass du diese Kuh mit dir wegführst. Triff Vorsorge, dass jene nicht fliehen kann, dass keiner sie rauben kann und dass mein Ehemann jene nicht befreit!«
Lange Zeit war Io in der Gewalt des Argos. Oftmals betrachtete sie ihr Abbild im klaren Wasser, und immer wurde sie durch ihr Spiegelbild sehr erschreckt. Traurig wandte sie ihre Augen ab, weil sie keine Kuh sein wollte. Als sie schon die Hoffnung auf Rettung aufgegeben hatte, erblickte sie einmal zufällig ihren Vater und lief sofort zu ihm.
Der erkannte die in eine Kuh verwandelte Tochter zwar nicht, berührte aber das schöne Tier mit der Hand. Obwohl Io irgendwas zu sagen versuchte, hörte man nur unzivilisierte Laute.
Als sie wahrnahm, dass der Vater ihre Worte nicht verstand, schrieb sie mit einem Huf Buchstaben in den Sand. Sofort durchschaute der Vater das traurige Schicksal seiner Tochter. Aber schon war der Wächter Argos da und riss Io weg.
Als Zeus dies Unglück bemerkte, rief er Hermes herbei und gab ihm folgenden Auftrag: »Bemühe dich, die unglückliche Gefangene aus den Händen des Argos zu befreien!«
Wenig später kam Hermes mit Argos zusammen. Indem er ihm eine lange Geschichte erzählte, bewirkte er, dass dieser vom Schlaf übermannt wurde. Dann tötete der Götterbote den Wächter mit einem Schwert.
Aber das Ende der Anstrengungen war noch nicht da. Hera trieb nämlich die arme Kuh über den ganzen Erdkreis, bis sie ermüdet am Ufer des Nil zusammenbrach. Mit beinahe gebrochener Stimme sagte sie Folgendes: »Gute Götter, gebt meinen Schmerzen ein Ende! Ich bitte euch, mir die Gestalt wieder zurückzugeben, die ich einst hatte.«
Durch diese traurige Äußerung ist sogar die hartherzige Hera zu Mitleid veranlasst worden. Und siehe da: Die unglückliche Kuh ist sofort wieder in ein Mädchen zurückverwandelt worden.
Io und Argos · Griechische Sage · Zeus Hera und Hermes
Ich bin viel zu selbstbewusst, um überheblich zu sein.
Peter Hohl