Raisting und die Telekommunikation · Radom
Telekommunikation bezeichnet den Austausch von Informationen über weite Strecken. Dazu gibt es verschiedene Arten, deren Anfänge bis in die Antike reichen (Lichtsignale). Erst mit der Erkenntnis, dass sich elektrischer Strom entlang eines Leiters bewegt, und der Erfindung der Batterie, konnte sich ab 1800 die kabelgebundene elektrische Telegrafie entwickeln.
Übertragungsarten:
Telegrafie
Als Telegrafie wird die Übermittlung von codierten Nachrichten bezeichnet. Hierbei werden Bestandteile, z.B. Buchstaben eines Textes, als einzelne Zeichen durch einen Code übertragen. Der Code besteht aus Stromimpulsen und Strompausen. Aus diesen beiden möglichen elektrischen Zuständen entwickelte der Amerikaner Samuel Morse das Morsealphabet und später einen Schreibtelegrafen.
Telefonie
Telefonie bezeichnet in erster Linie eine Sprachübertragung, bei der die Sprache direkt – ohne Codierung – übermittelt wird. Der erste Forscher, dem dies 1860 gelang, war der Deutsche Philipp Reis. Da bei der Telefonie nicht nur zwei elektrische Zustände, sondern auch Tonhöhen- und Lautstärkeunterschiede übertragen werden müssen, ist der technische Aufwand daher wesentlich größer. Übertragungen über weite Strecken benötigten damals sogenannte Rundfunkröhren, die aber erst ab 1915 verfügbar waren.
Übertragungsmedien:
Kabel
Der erste Versuch, ein Seekabel zwischen Europa und Nordamerika zu verlegen, gelang 1858 – das Kabel funktionierte jedoch nur einige Wochen lang. Erst 1866 wurde eine dauerhafte Verbindung von Irland nach Neufundland hergestellt. Die Verlegung des Kabels wurde damals mit dem größten Dampfer der Welt, der britischen »Great Eastern« durchgeführt. Das 4.200 km lange Kabel wog 5.000 Tonnen. Nach Fertigstellung der Verbindung konnten pro Minute etwa sieben Wörter telegrafisch übermittelt werden, die um die 7 englische Pfund kosteten. Dies entsprach zur damaligen Zeit dem Zwei-Tages-Einkommen eines Handwerkers.
Telefonie über ein Tiefseekabel wurde erst viel später durch die Entwicklung von speziellen Elektronik-Röhren möglich. 1956 ging das erste transatlantische Kabelsystem (TAT-1) in Betrieb. Die 3.600 km lange Kupferleitung führte von Schottland nach Neufundland und war mit 51 Röhren-Verstärkern im Abstand von jeweils 70 km bestückt. TAT-1 kostete 50 Mill. US-$ und konnte am ersten Tag bei 36 gleichzeitigen Gesprächen 700 Telefonate übermitteln. In Betrieb war die Anlage bis 1978. Da die Zahl der Telefonate im Laufe der Zeit aber immer höher stieg, wurden noch weitere TAT Kabel verlegt.
Funk
Dem italienischen Radiopionier Guglielmo Marconi, der seine Experimente auf den Grundlagen des deutschen Physikers Heinrich Hertz aufbaute, gelang die erste transatlantische Funkübertragung Ende des Jahres 1901. Der Sendemast in Cornwall (England) war über 60m hoch; empfangen wurden die Signale in Neufundland mit einem 150m langen Antennendraht an einem Flugdrachen.
Wegen der großen Entfernung und der Erdkrümmung war kein direkter Funkkontakt möglich. Da aber das Experiment dennoch gelang, musste man davon ausgehen, dass es über der Erde noch etwas gibt, das die Funkstrahlen reflektiert.
Die Entdeckung der Ionosphäre war der Beginn des Kurzwellenfunks. Diese Ionosphäre, die die Erde in einer Höhe von etwa 100 bis 600 km Höhe umgibt, besitzt eine große Anzahl von Ionen und freien Elektronen. Dadurch können Funkwellen reflektiert werden.
Überseeische Funk-Telefonie gab es kommerziell zum ersten Mal 1927 zwischen London und New York. Mit Land- und Kurzwellen konnten nun drahtlos sehr große Entfernungen überbrückt werden.
Nachrichtensatelliten
Ende 1958 wurde von den USA der erste Kommunikationssatellit mit einem Tonband an Bord in die Erdumlaufbahn geschossen. Die Rakete war gleichzeitig der Satellit und hieß SCORE. Der Satellit sendete eine aufgenommene Weihnachtsbotschaft des damaligen amerikanischen Präsidenten Eisenhower. Wegen der sehr niedrigen elliptischen Bahn aber funktionierte der Satellit nur zwölf Tage, danach verglühte er.
Nach einem 1946 gelungenen Radarkontakt mit dem Mond wurde der erste passive Nachrichtensatellit ECHO 1 im Sommer 1960 in den Weltraum geschossen. Die mit Aluminium beschichtete Kunststoffhülle wurde erst aufgeblasen, als der Satellit seine Endhöhe von ca. 1.600 km erreicht hatte. Der 30m durchmessende Ballon erwies sich als ausreichender Reflektor für Funkwellen. Da der kugelförmige Spiegel aber nach außen gewölbt war und so in alle Himmelrichtungen reflektierte, war er sehr ineffektiv. Von der Erde aus war der Satellit im Sonnenlicht leicht zu erkennen. ECHO 1 und sein Nachfolger verglühten einige Jahre später.
Aufgrund der weltweiten zunehmenden Nachfrage nach Telefon-, Daten- und Fernsehsignalen wurde parallel zur Entwicklung der Seekabel die Satellitentechnik ausgebaut. Durch die größere Bandbreite im Funkbereich ist gegenüber dem Kupferkabel eine weit höhere Datenrate möglich. Auch die Sowjetunion schoss 1957 erstmals einen künstlichen Satelliten in den Weltraum – SPUTNIK.
Aktive Nachrichtensatelliten empfangen über eine Antenne die von einer Erdfunkstelle gesendeten Informationen, verstärken diese, wandeln sie in Sendefrequenzen um und strahlen sie in andere Kontinente auf der Erde zurück. Alle Bodenstationen im Ausleuchtbereich eines Satelliten können diese Signale aufnehmen und empfangen.
Niedrig fliegende Satelliten
Der erste aktiv sendende kommerzielle Fernsehsatellit Telstar 1 wurde 1962 gestartet. Er hatte einen Durchmesser von 87 cm und flog in einer niedrigen elliptischen Bahn von 975 bis 5600 km um die Erde. Mit einer Sendeleistung von nur 15 Watt schickte er die ersten Fernsehbilder über den Atlantik. Die Übertragungskapazität reichte für einen Fernsehkanal oder 600 Telefongespräche.
Mit seinem Nachfolger, dem nur wenig größeren Telstar 2, nahm die Erdfunkstelle Raisting erstmals 1964 Kontakt auf. Sein erdfernster Punkt (Apogäum) war doppelt so weit entfernt. Je niedriger die Bahn eines Satelliten (und damit umso größer die Anziehungskraft der Erde) ist, desto höher muss seine Geschwindigkeit (Fliehkraft) sein, damit er nicht abstürzt.
Die Antenne im Radom wurde als erste Antenne Deutschlands speziell für den Nachrichtenverkehr mit schnell umlaufenden Satelliten konzipiert und 1963 gebaut.
Geostationäre Satelliten
Durch die rasante Entwicklung der Raketentechnik konnte bereits 1965 Intelsat 1 (Early Bird) auf eine Kreisbahn in 35.800 km Höhe geschossen werden. Da in dieser Höhe über dem Äquator der Satellit genau 24 Stunden benötigt, um einmal die Erde zu umkreisen, nennt sich diese Bahn geostationär. Der Satellit steht somit für einen Betrachter auf der Erde immer am selben Punkt. Damit war es erstmals möglich, einen dauerhaften Funkverkehr aufrechtzuerhalten.
Erdfunkstellen
Erdfunkstellen sind das Bindeglied zwischen dem Produzenten bzw. Konsumenten einer Nachricht und einem Satelliten. Üblicherweise gelangen die Nachrichten von Telekommunikationsbetreibern und Rundfunkanstalten über eine Landleitung zur Erdfunkstelle.
Landleitungen können aus Kabeln und/oder Richtfunkstrecken bestehen. So erfolgte anfänglich auch die Anbindung der Erdfunkstelle Raisting an München per Richtfunk über den Umweg Zugspitze.
Die Signale wurden sodann im Zentralgebäude verstärkt, in höhere Frequenzen, und wenn erforderlich, in andere Farbfernsehnormen gewandelt. Die so aufbereiteten Signale werden unterirdisch den freistehenden Antennen zugeführt.
Außer Sende- und Empfangsverstärkern, Modulations- und Verteileinrichtungen, Maschinen- und Klimatechnik gibt es in Raisting auch eine unterbrechungsfreie Stromversorgung mit mehreren Dieselgeneratoren und hunderten von Bleiakkumulatoren. Im Kontollraum werden laufend alle Betriebszustände überwacht.
Die Erdfunkstelle Raisting war eine der ersten und größten Erdfunkstellen weltweit und durch ihren Standort ideal für die Anbindung mitteleuropäischer Länder. Sie wurde 1964 von der Deutschen Bundespost in Betrieb genommen und nach deren Privatisierung von der Deutschen Telekom übernommen. Ihre Dienste bestanden in der Übertragung von Telefonie, Telegrafie, Daten- sowie Fernseh- und Tonrundfunk, ab 1990 auch in Kontroll- und Steueraufgaben für Intelsat-Satelliten.
Antennen
Um Signale über Richtfunkstrecken bzw. Satelliten senden zu können, werden sie in eine hohe Frequenzlage (mehrere Milliarden Schwingungen pro Sekunde) gebracht. So können sie mit parabolförmigen Reflektoren gebündelt und wie bei einem Scheinwerfer abgestrahlt werden. Senden und Empfangen geschieht gleichzeitig auf verschiedenen Frequenzen.
Von Raisting aus können alle Satelliten der großen Satellitenbetreiber in Europa, Amerika, Afrika, im Mittleren Osten und in Asien erreicht werden. Jede Antenne hält Kontakt zu einem zugehörigen Satelliten. Anhand der Strahlrichtung einer Antenne kann man einschätzen, mit welchem Erdteil diese gerade in Kontakt steht.
Satellit versus Glasfaserkabel
Seit Beginn der 60er Jahre macht die Übertragung per Satellit den Kupferkabeln Konkurrenz. Doch Satelliten verfügen nur über einen Bruchteil der Kapazität eines Glasfaserkabels. Zudem dauert die Antwortverzögerung über Satellit mit 12 Sekunde fast das Zehnfache wie über Kabel.
Glasfaserkabel, auch Lichtwellenleiter (LWL) genannt, gibt es seit den 70er Jahren. Gegenüber Kupferleitern sind LWL dünner, leichter und flexibler. Sie haben eine sehr hohe Übertragungsbandbreite (einige Terabits/s je Faser), eine kleine Signaldämpfung und sind weitgehend abhörsicher.
Satellitentechnik kann dagegen beliebig viele Gegenstellen in entlegenen Regionen ohne entsprechende Infrastruktur erreichen.
Das erste transatlantische Glasfaserkabel TAT-8 ging 1988 in Betrieb. Es konnte 30.000 Telefonate gleichzeitig übertragen. 2001 wurde das derzeitig schnellste Kabel TAT-14 verlegt, welches 640 Gbit/s übertragen kann. Während beim TAT-1 eine Minute noch 2.50 US-$ kostete, fielen beim TAT-14 die Kosten auf unter 1 US-Cent. Der Internet-Datenverkehr beansprucht bereits über 70% der Kabelkapazität.
Zukunft und Zukunftsaussichten
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben im Oktober 2016 einen Weltrekord in der Datenübertragung per Laser aufgestellt. Zwischen zwei Standorten konnten 1,72 Terabit/s über eine Distanz von 10,45 km übertragen werden. Dies entspricht einer Übertragung von 45 DVDs in der Sekunde. Damit könnten weite Teile der heute noch unterversorgten ländlichen Gebiete Europas mit Breitbandinternet versorgt werden.
Satelliten könnten über eine Laserverbindung an das terrestrische Internet angebunden werden. Um lange Antwortverzögerungen bei geostationären Satelliten zu vermeiden, könnte künftig mit einer Kette von Satelliten in niedriger Umlaufbahn eine direkte Internetversorgung ermöglicht werden.
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Autor: N. N.
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Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.
Albert Schweitzer