Franzi · Ephraim Kishon

Franzi · Ephraim Kishon · Satire · Herr und Hund

Vor ein paar Tagen erschien mir im Traum eine Fee. Sie war zwar bereits etwas über sechzig, sah aber noch recht gut aus.

»Ich komme mit einer erfreulichen Mitteilung«, sagte sie. »In unserer Lotterie wurde Ihre Nummer gezogen. Sie haben drei Wünsche frei. Also?«

Da ich schon lange auf das Erscheinen einer Fee gewartet hatte, brauchte ich nicht lange nachzudenken:

»Erstens wünsche ich mir, dass die israelische Regierung mir in Zukunft die Steuer für Auslandsreisen erlässt. Zweitens möchte ich die Sprache der Tiere verstehen, wie einstmals König Salomon. Und drittens möchte ich, dass von jetzt an alle meine Wünsche erfüllt werden, ohne Widerrede.«

»Hm«, machte die Fee. »Lassen Sie mich kurz überlegen. Hm. Das mit der Auslandsreise-Steuer wird sich leider nicht machen lassen. Gegen die Steuer kämpfen selbst die Feen vergebens. Und Ihr dritter Wunsch ist eine kindische Provokation. Bleibt also die Sprache der Tiere. Hm. Gut, bewilligt. Sie werden die Sprache der Tiere ab sofort verstehen.«

Sodann berührte sie meine Stirn mit ihrem ein wenig abgenutzten Zauberstab und verschwand wieder.

Dann wandte ich mich an unsere erstklassig rassengemischte Hündin Franzi, die gerade neben meinem Bett lag:

»Na, und was sagst du dazu?« fragte ich.

Franzi räkelte sich. Ihre Stimme klang schläfrig:

»Die war vorher auch bei mir, mit ihren drei Wünschen. Ich wünschte mir drei Hammelkoteletts, und da sagte die alte Hexe, dass die Küche bereits geschlossen sei. Als Ersatz offerierte sie mir die Zauberkraft, meinen Herrn zu beherrschen. Dazu brauche ich keine Fee, erwiderte ich. Meinen Herrn beherrsche ich sowieso.«

»Wen? Mich?«

»Wen denn sonst? Habe ich dich vielleicht nicht gut dressiert? Ich riskiere sogar die Behauptung, dass du einer der best dressierten Hundebesitzer im weiten Umkreis bist.«

Es verwirrte mich ein wenig, Franzi mit mir reden zu hören, als wäre sie der Schriftsteller und ich die Rassenmischung. Andererseits freute es mich, dass ich tatsächlich jedes Wort verstand.

»Wenn wir schon dabei sind«, fuhr Franzi fort, »du hast dich besonders in den Disziplin-Übungen als sehr gelehrig erwiesen.«

»Von welchen Disziplinen sprichst du?«

»Zum Beispiel von der Nahrungsdisziplin. Ich habe viel Geduld für dich gebraucht, das gebe ich zu, aber jetzt folgst du mir aufs Wort. Einige der mit mir befreundeten Hunde meinen sogar, ich hätte die Sache übertrieben und dich in einen geistlosen Roboter verwandelt. Dem halte ich aber entgegen, dass du ganz einfach von Natur aus gelehrig bist.«

Weiter sprach sie: »All das habe ich eines Tages durch Zufall entdeckt, bei deiner mittäglichen Nahrungsaufnahme. Als ich mich auf die Hinterbeine stellte und mit dem Schwanz wedelte, hast du sofort reagiert und hast mir mit dem Ausruf „Hopp, hopp, hopp“ ein paar Fleischstücke zugeworfen. Seither funktioniert diese Methode mit absoluter Sicherheit. Ein Musterfall von Dressur.«

»Komisch«, sagte ich. »Ich habe immer geglaubt, dass du mit dem Schwanz wedelst, weil ich dir etwas zuwerfe.«

»Nein. Du wirfst, weil ich wedle. Du reagierst auf meine Wünsche. Ich brauche nur ein paarmal um dich herum zu springen ~ und schon rufst du „Platz! Platz! Platz!“, als ob ich auf einen Knopf gedrückt hätte. Ich habe dich auch darauf dressiert, mich immer rechtzeitig auszuführen. Du nennst es „Gassi gehen“.«

»Pünktlich um halb sieben reibe ich meine kalte Schnauze an deinem Bein und sehe dich an. Das ist das Zeichen für dich, die Leine zu nehmen und mir auf die Straße zu folgen. Dort erledige ich, was ich zu erledigen habe, während du daneben stehst und wartest, ohne dich zu rühren. Du bist wirklich sehr folgsam, ich sagte es ja bereits schon.«

»Und ich dachte, dass du . . .«

»Ein Selbstbetrug. Du bist es, der mir gehorcht. Es ist ein automatischer Reflex, das wurde von diesem russischen Forscher, diesem Pawlow, einwandfrei festgestellt. Du hast sicherlich von den Experimenten schon gehört, bei denen der Hund die Reflexe des Professors kontrolliert hat. Es war ein musikalischer Hund, der besonders gern das Klingeln von Glöckchen hörte. Und wenn er es hören wollte, brauchte er nichts weiter zu tun, als ans Fressen zu denken, also ein wenig Speichel anzusammeln – und schon sprang der gut dressierte Professor auf, um das Glöckchen zu holen.«

»Was dich betrifft: du bist nicht auf Glöckchen eingestellt, sondern auf Stock. Ich nenne das Freiluft-Training. Kaum kommen wir an den Strand, melden sich deine Reflexe, du suchst nach einem Stock und wirfst ihn ins Wasser. Ich kann ihn dann zurückholen, sooft ich will ~ du wirfst ihn immer wieder ins Wasser.«

»Aber es macht dir doch Spaß, ihn zu holen! Oder?«

»Wer hat dir das denn eingeredet?«

»Ich glaubte es dir anzumerken.«

»Eben das ist ein Irrtum. Aber es ist nicht so schlimm. Im Ganzen gesehen bist du schon ein gutes Material. Nicht gerade brillant, aber doch anpassungsfähig. Manchmal rührst du mich sogar ein wenig.«

»Na ja«, erwiderte ich geschmeichelt. »Du weißt ja, wer der beste Freund des Hundes ist.«

»Von Freundschaft kann hier keine Rede sein«, wies mich Franzi kühl zurecht. »Ich brauche dich nur zur Hebung meines Selbstbewusstseins, das ist alles. Und jetzt kannst du weiterschlafen, mein Kleiner.«

»Ich möchte noch ~«

»Platz!« sprach Franzi.

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Autor: Ephraim Kishon

Bewertung des Redakteurs:
4

Tue niemandem unrecht und enthalte niemandem die Wohltaten vor, zu denen du verpflichtet bist.

Aventin