Büffel- oder Ziegenbraten · Fabel aus Indonesien
Ein Indonesier erhielt für den gleichen Tag zwei Einladungen. Ein Freund an der Flussmündung veranstaltete ein Ziegenschlachtfest und ein anderer am Oberlauf des Wassers versprach Büffelbraten und leckeren Klebereis.
»Wohin gehe ich nun?«, sprach der Geladene zu sich selbst und schnalzte mit der Zunge, denn Ziegenfleisch war sein Lieblingsessen. Auf Büffelbraten mit Klebereis wollte er aber auch nicht verzichten. Nachdem er lange hin und her überlegt hatte, schritt er endlich flussaufwärts.
Nach einer Stunde aber hielt er inne und sagte zu sich: »Ein Büffel ist ein gewaltiges Tier, das nicht so rasch verzehrt werden kann. Da komme ich später immer noch zurecht. Ich nehme also zunächst den süßen Ziegenbraten als Vorgericht.« So wendete er und lief der Mündung zu.
Als er nach einem langen Marsch das Dorf des Freundes erreicht hatte, begegnete ihm eine lustige Gruppe von Menschen, und er fragte sie, woher sie kämen. »Vom herrlichen Ziegenschlachtfest – es ist eben vorüber -, wir sind satt und fröhlich!«
Da bekam der Mann einen großen Schreck, machte kehrt und eilte spornstreichs zum Dorf am Oberlauf. »Da werde ich mich dann eben am Büffelfleisch mit Klebereis doppelt schadlos halten. Und die Anstrengung gibt guten Hunger!«
Endlich gelangte er schweißbedeckt am Ziel an. Rings um die Hütte des Freundes duftete es wundervoll nach Büffelbraten und Klebereis; doch drinnen war es merkwürdig still.
Da trat auch schon der Gastgeber heraus, freudig rot im Gesicht, und rief verwundert: »Warum kommst du so spät mein Freund? Die Geladenen sind eben fortgegangen und alles ist aufgegessen worden.«
Büffel- oder Ziegenbraten · Fabel aus Indonesien · Entscheidung
Die wahre Lebenskunst besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen.
Pearl S. Buck