Individuelle und politische Anpassung

Individuelle und politische Anpassung · Change Warren Johnson

Es ist schon eine Ironie, wenn das Versagen von Regierungen als positiver Faktor für die Zukunftsbewältigung angesehen wird.

Da man davon ausgehen kann, dass in jeder Gesellschaft der Widerstand gegen Veränderungen überwiegt, schützt uns eine ineffiziente Politik vor der Gefahr, Wirtschaftswachstum bis zum Zusammenbruch zu betreiben. Die Unfähigkeit von Regierungen ermutigen, ja zwingt sogar die Individuen, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, mit anderen Worten, sich anzupassen.

Es steht außer Frage, dass Politiker, wenn sie wirklich planen könnten, die Erhaltung der heutigen Zustände, also die Fortsetzung des Wachstums planen würden. Schließlich profitiert in unserer relativ freien demokratischen Gesellschaft fast jeder vom Wirtschaftswachstum; dieses schafft Arbeitsplätze, Einkommen, Steuereinnahmen für den Staat, Gewinne für die Unternehmen, und es verringert die Kosten des Sozialstaats.

Die Erinnerung an die Weltwirtschaftskrise hat maßgeblichen Anteil am breiten politischen Konsens, die wichtigste Aufgabe der Politik sei darin zu sehen, die Wirtschaft am Laufen zu halten und den Leuten Arbeitsplätze zu beschaffen. Die Wiederwahl und Wahlniederlagen von Staatsleuten hängen somit von ihren wirtschaftspolitischen Erfolgen ab. Über Umweltfragen wird dann nur nach Maßgabe ihres Einflusses auf das Wirtschaftswachstum entschieden.

Maßnahmen des Umweltschutzes, die Arbeitsplätze schaffen, sind leichter durchsetzbar als Programme, die das Wachstum zu beeinträchtigen drohen. Wenn politische Wirtschaftsplanung wirklich effizient wäre, würde das Wachstum sich sehr stark beschleunigen und dadurch die Gefahr eines Hyperwachstums entstehen und ein jäher Zusammenbruch zu befürchten sein.

Glücklicherweise ist ein solches Ausmaß an politischer Effizient nicht wahrscheinlich. Zum einen ist unsere Planungsfähigkeit beschränkt, und zum anderen begünstigen natürliche Faktoren ein verringertes wirtschaftliches Wachstum und erzwingen Anpassungen an Knappheitserscheinungen.

Es ist unmöglich, zu leugnen, dass die Eröl-und Erdgasförderung sinkt, die Preise für Rohstoff-Importe ansteigen und die Investitionskosten für die Entwicklung neuer Energiequellen gigantisch sind. Wenn wir versuchen, diese Realitäten zu ignorieren, indem wir zum Beispiel die Preise für Erdöl und Ergas durch Subventionen künstlich niedrig halten, fördern wir damit nur eine weitere Zunahme des Verbrauchs und schaffen ein noch größeres Ungleichgewicht gegenüber den vorhandenen Energiereserven.

Politiker befinden sich daher in einer misslichen Lage, weil von ihnen erwartet wird, dass sie einerseits die Preise niedrig halten und Energie sparen und zum anderen das Wirtschaftswachstum aufrechterhalten. Es ist unmöglich, alle diese Ziele gleichzeitig zu erreichen. Daher sind verantwortungsbewusste politische Entscheidungen auch unpopulär.

Dieses Dilemma verweist mehr als alles andere auf die Widersprüche einer wachstumsorientierten Wirtschaft, die unter Bedingungen einer Rohstoff-Knappheit arbeiten muss. Die Politiker werden in immer größere Schwierigkeiten geraten, je mehr Zeit vergeht und je dringlicher das Problem der Knappheit wird. Ihnen wird die undankbare Aufgabe zufallen, einen Kuchen aufzuteilen, der immer kleiner wird. Sie werden laufende Regierungsprogramme beschneiden müssen, ohne jedoch bei steigenden Preisen die Steuern senken zu können.

Die verfügbaren Steuermittel werden immer mehr für Programme zur Entwicklung neuer Energiequellen, zur Verhinderung drohender Arbeitslosigkeit und zur Finanzierung steigender Kosten im Bereich der Sozial- und Arbeitslosenversicherung bereitgestellt werden. Einige Politiker, die ihre Wähler nicht mehr zufriedenstellen können, werden auch sicherlich ihren Job verlieren.

Eine realistische Planung, die von der Tatsache begrenzter Rohstoffreserven ausgeht, wird unpopulär sein und auf Widerstand stoßen. Wer sollte denn schon bereit sein, Stagnation, oder schlimmer noch, Rückschritt zu planen, besonders nach dieser Phase ungehemmter Wirtschaftsentwicklung?

Aber wenn die Schwierigkeiten, einen hohen Lebensstandard beizubehalten, unüberwindbar geworden sind, wird sich langsam eine neue Wirtschaftsethik entwickeln. Sie wird zuerst genauso widerwillig Anerkennung finden, wie sich die Amerikaner nur zögernd mit dem Rückzug aus Vietnam abgefunden haben. Aber eine solche Ethik ist immer noch den feindseligen wirtschaftlichen und politischen Konfrontationen vorzuziehen, die widrigenfalls uns alle bedrohen.

Allen Wehklagen der enttäuschten Wachstums-Fanatiker zum Trotz werden unsere Politiker schließlich doch handeln müssen, und zwar noch bevor auch ihre Wähler die Zeichen der Zeit nicht mehr übersehen können. Wenn diese Einsicht erst einmal erreicht ist, wird die Welt in einem neuen Licht erscheinen. An diesem Punkt sind wir dann über dem Berg. Von den politischen Entscheidungen ist sodann zu erwarten, dass sie eher hilfreich statt hinderlich sind.

Bis dahin wird die Unfähigkeit der Politiker, die anstehenden Probleme zu lösen, die Menschen ermutigen, selbst für eine Überlebens-Nische zu sorgen, anstatt sich auf die Fürsorge der Regierungen zu verlassen. Man muss jetzt schon Umsicht walten lassen, sich eine sichere Einkommensquelle suchen, sich einschränken, seine Kinder während der für ihre Entwicklung wichtigen Jahre abschirmen und für die Risiken des Alters vorsorgen.

Immer mehr Leute werden sich auch mit anderen zusammentun, um sich gemeinsam das Leben zu erleichtern und es erfüllter zu gestalten. Zusammenfassend lässt sich sagen:

Das schwindende Vertrauen in die Fähigkeit der Politiker, unsere Probleme zu lösen, wird zu individuellen Anpassungsstrategien führen, noch bevor das absolut notwendig sein wird.

Dadurch kann sich ein maßvolleres Entwicklungstempo einstellen und ein Experimentieren mit Entwicklungs-Alternativen Bahn brechend werden.

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Autor: Warren Johnson

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Jack Kornfield