Hündin Jennie · Fabel

Hündin Jennie · Fabel · Zufriedenheit im Leben · Verantwortung

Einst hatte die Hündin Jennie alles. Sie schlief auf einem runden Kissen im oberen und auf einem viereckigen Kissen im unteren Stockwerk.

Sie hatte einen eigenen Kamm, eine Bürste, zwei verschiedene Pillenfläschchen, Augentropfen, Ohrentropfen, ein Thermometer und einen roten Wollpullover für kaltes Wetter. Sie hatte zwei Fenster zum Hinausschauen und zwei Schüsseln für ihr Futter. Und sie hatte einen Herrn, der sie liebt.

Doch das kümmerte Jennie wenig. Um Mitternacht packte sie alles, was sie besaß, in eine schwarze Ledertasche mit einer goldenen Schnalle und blickte zum letzen Mal zu ihrem Lieblingsfenster hinaus.

»Du hast alles« sagte die Topfpflanze, die zum selben Fenster hinaus sah. Jennie knabberte an einem Blatt.

»Du hast sogar zwei Fenster«, sagte die Topfpflanze. »Ich habe nur eines«.

Jennie seufzte und biss ein weiteres Blatt ab.

Die Pflanze fuhr fort: »Zwei Kissen, zwei Schüsseln, einen roten Wollpullover, Augentropfen, Ohrentropfen, zwei verschiedene Fläschchen mit Pillen und ein Thermometer. Vor allem aber liebt dich dein Herr!«

»Das ist wahr«, sagte Jennie und kaute noch mehr Blätter ab.

»Du hast alles«, wiederholte die Pflanze. Jennie nickte nur, die Schnauze voller Blätter. »Warum gehst du dann fort?«

»Weil ich unzufrieden bin«, sagte Jennie und biss den Stängel mit der Blüte ab. »Ich wünsche mir etwas, was ich nicht habe! Es muss im Leben doch noch mehr geben als das alles hier!«

Die Pflanze konnte nichts mehr sagen. Es war ihr kein Blatt geblieben, mit dem sie etwas hätte sagen können!

Hündin Jennie · Fabel · Zufriedenheit im Leben · Verantwortung

Hündin Jennie · Fabel · AVENTIN Storys
aventin storys blume weiss 04 24

Hündin Jennie · Fabel · Zufriedenheit im Leben · Verantwortung - Einst hatte die Hündin Jennie alles. Sie schlief auf einem runden Kissen.

URL: https://aventin.de/huendin-jennie-fabel/

Autor: N. N.

Bewertung des Redakteurs:
4


Diejenigen, die nicht mit Aufmerksamkeit den Bewegungen ihrer eigenen Seele folgen, geraten notwendig ins Unglück.


Mark Aurel