Drei Rosen auf einem Stiel · Märchen aus Schwaben
Es war einmal ein Mann, der hatte zwei Töchter, die konnten sich nicht gut miteinander vertragen; daran war aber besonders die eine schuld.
Eines Tages wollte der Vater auf den Markt gehen und fragte seine Töchter: »Was soll ich euch mitbringen?« Da wünschte sich die eine ein schönes Kleid, die andere, welche die bravste war, drei Rosen auf einem Stiel.
»Wenn ich die nur bekommen kann«, sagte der Vater und ging fort und kaufte auf dem Markt gleich ein neues Kleid. Aber so viel er sich auch unterwegs war und sich auf dem Markt nach Rosen umsah, so konnte er doch keine einzige finden.
Endlich, als er schon wieder auf dem Heimweg war, sah er in einem Garten einen blühenden Rosenstrauch, und da waren auch gerade drei Rosen auf einem Stiel beisammen, wie es sich die Tochter gewünscht hatte.
Da stieg er einfach in den Garten und brach sich die Rosen ab. Aber mit einem Mal stand da ein großes schwarzhaariges Ungeheuer und fragte: »Was machst du da in meinem Garten?«
Der Mann erzählte nun, dass er eine Tochter habe, die sich drei Rosen auf einem Stiel gewünscht hätte, und bat, dass er die Rosen, die er schon so lange gesucht aber nicht gefunden hätte, mitnehmen dürfe. Da antwortete das Tier: »Ja, du darfst sie mitnehmen, aber du musst dafür morgen um die selbe Stunde mit deiner Tochter wieder hier sein, sonst wirst du sterben.«
Da versprach der Mann, dass er wiederkommen wolle, ging mit seiner Rose heim, übergab sie seiner Tochter und erzählte ihr von seinem Erlebnis. Am anderen Tag ging er sodann mit seiner Tochter wieder zum Garten, verspätete sich aber ein wenig. Indessen war es gerade noch Zeit. Da fanden sie im Garten einen Tisch, der schön gedeckt und mit reichlich Speisen besetzt war. Der Mann und seine Tochter saßen sich auch gleich hin, fingen zu essen an und als sie fertig waren, erschien das Tier und fragte, ob das die Tochter sei, welche sich die drei Rosen gewünscht hätte?
Nach dem der Vater dies bejaht hatte, sagte das Ungeheuer zum Vater: »Nun, jetzt kannst du wieder nach Hause gehen. Deine Tochter aber muss noch etwas hier bleiben.«
Da ging der Vater alleine heim und ließ seine Tochter voll Sorge zurück. Das Ungeheuer aber führte das Mädchen alsbald in ein schönes Gartenhaus und zeigte ihr die herrlichsten Schmucksachen aus Gold und Silber und viele Edelsteine, von denen sie sich auswählen durfte, was ihr gefiel.
Und als sie das getan hatte, sagte das Ungeheuer: »Jetzt kannst du auch wieder heimgehen, musst aber morgen um die selbe Zeit wieder hier sein!« Ja, das wollte das Mädchen auch gerne machen, und kehrte vergnügt zu ihren Eltern zurück.
Das ärgerte nun die andere Tochter sehr, dass ihre Schwester über so kostbaren Schmuck verfügte. Aus diesem Grund hielt sie ihre Schwester am folgenden Tag, als diese wieder in den Garten wollte, aus Neid und Missgunst so lange auf, dass diese viel zu spät kam. Wie sie nun in den Garten trat, war da niemand zu sehen und zu hören.
Da rief das Mädchen ganz ängstlich: »Liebes Tierle, wo bist du denn?« Da hörte sie seitwärst im Graben etwas wimmern und winseln. Da ging sie darauf zu, und sah das arme Tier darin liegen. »Ach, seufzte das Untier, wärst du nicht bald gekommen, so hätte ich wohl sterben müssen.«
Dann kroch es aber heraus, streifte sich mit einem Mal den haarigen Pelz herunter und stand da als ein wunderschöner junger Mann. Da waren beide überaus seelenvergnügt und hielten auch bald Hochzeit und lebten miteinander glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.
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Autor: Märchen aus Schwaben
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Die einzige Art zu leben besteht darin, jede Minute als unwiederholbares Wunder zu akzeptieren.
Tara Brach