Die Krähe und das Huhn · Iwan Krylow · Fabel
Als einst der Held, Fürst von Smolensk genannt,
sich gegen Frechheit waffnete mit List,
ein Netz bereitend jenen Neu-Vandalen,
und darum ihrem Heerverband
Moskau preisgab auf eine Frist,
wo ihrer harrten später schlimme Qualen:
da kam die alte Hauptstadt in Alarm,
und alles flüchtete aus ihren Mauern
wie aus dem Korb ein Bienenschwarm.
Nur eine Krähe auf dem Dach
ließ sich das gar nicht dauern;
sie putzte sich gemütlich ihren Schnabel,
und sah dem Treiben zu gemach,
das wüst war wie dereinst in Babel.
Da rief ihr zu von einem Karr'n ein Huhn,
die Rede gehe,
dass der Franzose vor den Toren stehe.
»Was habe ich damit zu tun?«
versetzte das prophetische Tier.
»Ich bleibe hier,
ich bleibe dreist zu Hause.
Ihr andern handelt, wie ihr mögt,
ich komme mit den Gästen schon zurecht,
denn Krähen nimmt man nicht zum Schmause.
Wer weiß, was mir das Glück noch bringt,
ob mir zu haschen nicht gelingt
ein Stückchen Käse oder sonst 'ne Speise:
Fahr wohl denn, Schatz, Glück auf die Reise!«
Und wirklich blieb die Krähe auch zurück;
allein ihr ward nicht nur kein fetter Bissen,
es kam für sie ein böser Augenblick.
Als der Smolensker unsre Gäste
durch Hunger presste,
ward in den Suppentopf auch sie geschmissen.
So geht's dem Menschen, wenn er töricht plant.
Er dünket schon sich auf des Glückes Kuppe,
und plötzlich, ehe er es ahnt,
fällt er, wie unsre Krähe, in die Suppe.
p.s.: Die Fabel erzählt von einer überheblichen Krähe, die während der Invasion Napoleons in Moskau nicht fliehen will, da sie denkt, die Franzosen würden ihr nichts antun. Doch am Ende wird sie wie die anderen Tiere auch gefangen und verspeist.
Die Krähe und das Huhn · Iwan Krylow · Fabel
Die Krähe und das Huhn · AVENTIN Storys

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Autor: Iwan Krylow
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