Die Haussuppe · Story · Luis Mateo Diez · Leben
Sechs Jahre lang habe ich in der gleichen Gaststätte zu Mittag gegessen.
Es war eines der preisgünstigen Lokale, deren einziger Lohn für treue Kundschaft die Bequemlichkeit ist, sich nicht jeden Tag entscheiden zu müssen, wo und wie das unumgängliche Bedürfnis zu stillen sei.
Es gibt Mägen, die keine besonderen Ansprüche stellen, und meiner gehörte dazu. In all diesen sechs Jahren aß ich Tag für Tag vor dem Hauptgericht eine »Haussuppe«, eine gelbliche undurchsichtige Brühe, in der ein paar verirrte Nudelchen herum schwammen.
Als ich bei der Schließung des Lokals mit einem halben Dutzend Stammgästen wehmütig Abschied feierte und zum letzten Mal die Suppe schlürfte, das Schnitzel kaute und mich beim Anstoßen mit dem billigen Schaumwein beim Besitzer bedankte, der den Tränen nahe war, überkam auch mich eine eigenartige Rührung.
Niemals hatte ich mich mit den anderen Stammgästen im Gasthaus »Cifuentes« irgendwie verbunden gefühlt, wenn ich allein an meinem Tisch saß, auch nicht mit dem Besitzer oder den Kellnern oder der Köchin Rosina, die ich am Schlusstag zum ersten Mal sah, als sie das Glas mit dem perlendem Getränk in der zitternden Hand hielt.
Die nächsten zwei Jahre waren verheerend für meinen Magen und für mein inneres Gleichgewicht, denn nun spürte ich, dass es einen eigenartigen Zusammenhang zwischen dem einen und dem anderen gab.
Ich pilgerte zu den verschiedensten Gasthäusern, ständig auf der Suche nach einer irgendwie unbenennbaren Linderung oder Genugtuung.
Mein Leben war aus der Bahn geraten, und die Erinnerungen an die Suppe im »Cifuentes« erschütterte mich wie eine vereitelte Hoffnung und verfolgte mich bis in meine Träume.
Bis ich eines Tages in einem Außenbezirk der Stadt ... damals hatte ich schon meine Anstellung im Unternehmen verloren und schleppte mich verarmt und krank durchs Leben ... in einem dürftigen Speiselokal die altbekannte Suppe, die gelbliche undurchsichtige Brühe, wieder fand.
Rosina ist heute meine Frau, und ich habe mein Gleichgewicht wiedergefunden und genieße die heitere Ruhe meines bescheidenen Daseins.