Vergangenheit Gegenwart Zukunft

Vergangenheit Gegenwart Zukunft · Augustinus · Essay

Aber wie vermindert und verzehrt sich die Zukunft, die doch noch gar nicht ist!

Oder wie nimmt die Vergangenheit, die nicht mehr ist, zu, außer weil im Geist, durch den jenes geschieht, ein dreifaches ist?

Das Übergeordnete erwartet, nimmt wahr und erinnert sich, und so, dass das von ihm Erwartete durch seine Wahrnehmung hindurch in Erinnerung bei ihm übergeht.

Wer leugnet noch, dass das Zukünftige noch nicht sei? Allein es ist doch bereits die Erwartung des Zukünftigen im Geist!

Und wer leugnet, dass das Vergangene nicht mehr sei? Allein im Geist ist doch noch die Erinnerung daran.

Wer leugnet, dass die Gegenwart keine Dauer habe, weil sie sofort vergeht? Allein es dauert doch die Wahrnehmung, durch welche der Vergangenheit anheim fallen soll, was heran kommen wird.

Also ist nicht die Zukunft lang, die ja nicht ist, sondern eine lange Zukunft nennen wir eine lange Erwartung der Zukunft.

Ebenso ist nicht lang die Vergangenheit, die nicht mehr ist, sondern lang vergangen nennen wir das, dessen die Menschen sich lange erinnern.

Ich will einen Gesang vortragen, den ich kenne:

Bevor ich anfange, erstreckt sich meine Erwartung auf das Ganze. Wenn ich aber angefangen habe, erstreckt sich, was ich davon bereits der Vergangenheit zugeführt habe, innerhalb meines Gedächtnisses, und so dehnt sich die Dauer dieser meiner Handlung über das Gedächtnis aus in Hinsicht auf das, was ich gesagt habe, über die Erwartung aber in Hinsicht auf das, was ich noch sagen will. Gegenwärtig dagegen ist mein Aufmerken, wodurch das, was zukünftig war, der Vergangenheit übermittelt wird.

Je mehr dies geschieht, um so mehr nimmt die Erwartung ab und die Erinnerung zu, bis die ganze Erwartung sich erschöpft, weil die Handlung völlig beendigt und in die Erinnerung übergegangen ist.

Und wie mit dem ganzen Lied, so geschieht es mit seinen einzelnen Teilen, so mit seinen einzelnen Silben. So auch bei einer längeren Handlung, von der jenes Lied vielleicht nur ein kleiner Teil ist.

So ist es mit dem ganzen Leben des Menschen, von dem alle seine Handlungen nur Teile sind, so endlich mit dem Sein des ganzen Menschengeschlechtes, dessen Teile die Lebenszeit der einzelnen Menschen ausmacht.

Vergangenheit Gegenwart Zukunft · Essay · Augustinus

Wohlwollen ist eine weit über alle anderen Pflichten hinausgehende Plicht des Menschen, weil sie allen Lebewesen, auch Tieren und Pflanzen, entgegen gebracht werden sollte.

Aventin