Symbolik der Seele

Symbolik der Seele · Alltagspsychologie · R.M.F · Begriff

Ein so wunderbar reiches Instrument des Ausdrucks der Körper mit seinen Bewegungen auch ist, er genügt dennoch der Seele nicht. Sie greift weit darüber hinaus und macht die ganze ihr erreichbare Welt zu ihrem Spiegel, bezieht sie ein in sich und spielt auf ihr als einem Instrument ihres Ausdruckswillens.

Wie wir das Licht nicht nur an den Strahlen erkennen, die direkt unser Auge erreichen, wie jedes beleuchtete Ding uns Kunde bringt von der Wirkung des Lichtes, so gibt jedes Ding, auf das der Mensch seine Hand gelegt, alles, was er geschaffen und umgeschaffen hat, alles, was jemals Gegenstand seines Begehrens oder Fürchtens, Hassens oder Liebens war, Zeugnis von seiner Seele.

Nicht nur große Künstler bringen Steine zum Reden und machen Schwingungen der Luft zur Offenbarung ihres Innern; in geringerem Grad ist jeder Mensch ein Künstler, und für den, der die Sprache der Seele versteht, tönt sie aus dem Spiel der Kinder, aus den Erzeugnissen der Handwerker und aus den Schlachten der Feldherren.

Mag es ein Mythos sein, dass die Künstler die Sprache der Blumen und der Vögel verstünden; dass sie vermögen, Blumen und Vögel die Sprache der menschlichen Seele reden zu lassen, ist gewiss. 

Die Sterne am Himmel und die Wellen des Meeres, die Bäume des Waldes, ja der Lärm der Großstadt erhalten durch große Künstler eine Stimme, die andere Menschen verstehen und die ihre Herzen zu rühren vermag. 

Aber die Künstler erfinden nicht aus freier Luft diese seelischen Beziehungen der Dinge, sie heben nur ins Bewusstsein, was keimhaft in jeder Seele ruht und lebt. Denn dunkel und keimhaft hat jeder Mensch ein Gefühl für die Symbolik der Dinge.

Für den, der Ohren hat zu hören, reden die kleinsten Begebenheiten des Alltags menschliche Sprache, erzählen vom Menschen und seiner Seele. Ebenso gut wie aus den Zügen seines Gesichts und den Bewegungen seiner Hände erkennen wir den Charakter des Menschen auch am Rock, den er trägt, auch am Haus, das er bewohnt, an den Bildern, mit denen er seine Wände schmückt und an den Menschen, die er liebt.

Der Satz: »Sage mir, mit wen du umgehst, und ich will dir sagen, wer du bist!« hat nicht nur Geltung für menschlichen Umgang, auch für den Umgang mit den toten Dingen, die um den Menschen herum sind. 

Man hat gesagt, der Mensch sei das Produkt seines Milieus; aber mindestens ebenso sehr ist das Milieu das Produkt des Menschen. Wundersame Wechselwirkung besteht: gewiss arbeiten Landschaft, Schicksal und Götter an seiner Seele, aber nicht minder schafft er die Landschaft, in der er lebt, bewirkt er das Schicksal, die Geschichte, in die er hinein geflochten ist und formt er nach seinem Bild die Götter, zu denen er betet.

Kurz, alles Vergängliche ist vielleicht nicht nur Gleichnis, nur Symbol, aber es ist stets auch Gleichnis und Symbol der Seele.

Der Begriff des Symbols bedarf hier noch einer Erklärung. Er bedeutet ursprünglich etwa Zeichen oder Repräsentation, meist die sinnfällige Verkörperung von etwas, das seiner Art oder seiner Größe wegen nicht selbst sinnhaft gegeben sein kann. 

Daher werden vor allem unsichtbare, transzendente, unendliche Wesenheiten durch Symbole dargestellt, das heißt durch Dinge, die unser Gefühl als Ersatz für jene hinnimmt, weil eine Beziehung zwischen Zeichen und symbolisierter Wesenheit deutlicher herausgespürt wird.

Göttliche Mächte, die selbst übersinnlicher Natur sind, werden in Symbolen, einem heiligen Stein, einem heiligen Baum oder einer Bildsäule angebetet, die für das menschliche Gefühl irgendwie mit jenen göttlichen Mächten verwandt sind.

Ist diese Verwandtschaft nicht mehr mit dem Gefühl zu ergreifen, ist sie nur dem Verstand zugänglich, so sprechen wir freilich nicht mehr von Symbolen, sondern von »Allegorie«.

Auch die menschliche Seele mit ihren Trieben, Affekten und Anlagen ist an sich nicht sinnhaft gegeben, aber sie ist mit den Dingen der Sinnenwelt dadurch, dass diese Instrumente und Objekte jener seelischen Funktionen werden können, dennoch mannigfach verknüpft, so dass jene Dinge Symbolwert in Bezug auf die Seele bekommen können. 

Jedes Ding, auf das unsere Seele sich begehrend oder fühlend richtet, weist damit auf eine Regung der Seele zurück, wird zum Symbol der Seele. Der Umkreis der Dinge, die die Seele erregen, wird zur Offenbarung der seelischen Eigenart, wird Symbol der Seele.

Und in diesem Sinne sagen wir, dass die ganze Welt, soweit sie einbezogen wird in das Leben der Seele, symbolisch deren Wesen bezeugt.

Freilich, so wenig wie beim mimischen Ausdruck dürfen wir beim gegenständlich-symbolischen Ausdruck das unmittelbare Bewusstsein allein befragen; denn dies weiß nur in seltensten Fällen Bescheid über die Symbolwerte, die es umgeben.

Das Bewusstsein ist Oberfläche der Seele, die Symbolik aber geht auf das ganze Ich, wurzelt in dessen Tiefen, in die das Licht des Bewusstseins nur selten hinein fällt; aber gerade darum ist die Symbolik der Seele so wertvoll und so fesselnd, weil sich darin die geheimnisvollen Mächte offenbaren, die in den Untergründen hausen.

Verstünden die Menschen die Sprache der Symbole besser und nähmen sie auch an, dass andere sie zu deuten wissen, gar mancher würde sich hüten, sich in den Kleidern, mit dem Schmuck, mit dem/der Partner*in zu zeigen, mit denen er sich öffentlich sehen lässt.

Ähnlich wie bei den Ausdrucksgesten breitet auch hier die Stumpfheit der Sinne einen mildernden Schleier über die Schwächen des Menschen, die sich ungestraft spreizen können. Immerhin sollte der Umstand, dass sich alles Geheime in dinglichen Symbolen offenbart, dass nichts verborgen bleibt, zur Selbstzucht mahnen.

Ja, der symbolische Ausdruck ist vielfach lauter und greller als der der Mimik, er entschwindet nicht mit dem Moment, sondern überdauert die Stunde, also dass uns noch nach dem Tod des Individuums sein Besitz, sein Werk, ja oft noch sein Grabmal von seinem Charakter zeugen, und gar mancher König in dem Monument, das er seiner Größe aufzustellen befahl, auch seiner Eitelkeit und seinem Hochmut ein Denkmal setzte.

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