Subjektiver Typus

Subjektiver und objektiver Typus Mensch · R.M.F · Psychologie

Wir bedienen uns der früher gefundenen Grundfunktionen der Seele, um nach ihrem Hervor- und Zurücktreten, ihrem Zusammenwirken oder Gegenspiel die Verschiedenheiten der Menschen zu deuten.

Es ist dabei keineswegs gesagt, dass die tiefsten und entscheidensten Unterschiede auch die augenfälligsten sind. Im Gegenteil, man muss lernen, durch die Oberfläche hindurch in die Tiefe zu sehen.

Der vielleicht bedeutsamste Unterschied für den Charakter ist keineswegs leicht zu erkennen: das Gradverhältnis des Ich-Bewusstseins (Gefühls- und Triebsleben) zum Außenweltsbewusstsein (Wahrnehmungsleben und Verstandesleben).

Schon die alltägliche Beobachtung unterscheidet ein subjektives Verhalten und subjektive Naturen (Gefühlsmenschen) von dem objektiven Verhalten und den objektiven Naturen (Verstandesmenschen).

Der »Willensmensch« steht gewissermaßen in der Mitte: er ist zwar beherrscht durch subjektive Tendenzen, aber er muss, um seinen Willen durchzusetzen, auch die objektiven Realitäten berücksichtigen, die vom reinen Gefühlsmenschen oft als »Irrealitäten« behandelt werden.

Jeder kennt den Unterschied. Manche rechnen von den komplexeren Typen zum Beispiel die Frauen mehr der subjektiven, die Männer mehr der objektiven Gruppe zu. Man weiß auch, dass sich die Jugend in der Regel mehr subjektiv, das Alter mehr objektiv verhält. So fordert man zum Beispiel auch vom Kulturmenschen im Gegensatz zum unkultivierten ein höheres Maß an Objektivität.

Ist so die landläufige Bewertung geneigt, in der größeren Objektivität einen Vorzug zu sehen, so gilt das doch keineswegs allgemein. Gewiss, für viele Lebenslagen (Berufe zum Beispiel) ist ein hoher Grad von Objektivität erforderlich. Richter, Lehrer, Staatsleute, die nicht objektiv wären, würden sicherlich sehr getadelt werden. Aber für andere Berufe, den des Künstlers zum Beispiel, ist gerade starke Subjektivität erforderlich, und in rein menschlichen Beziehungen wäre reine Objektivität eher unerträglich.

Was dem Menschen als Freund, in der Liebe, ja im oberflächlichen Verkehr Reiz und Anmut gibt, ist oft gerade die subjektive Seite seines Wesens, die persönliche Farbe, die er in seine Beziehungen hineinmischt. Wird daher jener Gegensatz der seelischen Struktur zuweilen zur Wertcharakteristik gebraucht, so gilt diese Wertcharakteristik doch nur in bestimmten Situationen.

Jedenfalls aber ist jener Gegensatz ein Grundfaktor, der bei aller Menschenkenntnis in Rechnung gesetzt sein will. Wissen wir ungefähr, ob und in welchem Grad ein Mensch seine persönlichen Gefühle ins Spiel mischt, so werden wir sein Verhalten in vielen Situationen des Lebens voraus bestimmen können.

Der stark subjektive Mensch nimmt überall gleich Partei, ist leicht zu beeinflussen, wenn man ihn nur von der Gefühlsseite zu fassen weiß, ist aber auch weit weniger berechenbar, weil er selbst weniger rechnet.

Der objektive Mensch dagegen sucht stets mit dem Verstand die Tatbestände zu überschauen, bildet sich auf Grund dieser ein Urteil und handelt nach seiner Erkenntnis, sein Gefühl zurück dämmend.

Indessen wird diese Scheidung erst fruchtbar, wenn man außer dem Grad der Subjektivität und der Objektivität auch ihre besondere Art erkennt, wenn man weiß, welche besonderen subjektiven oder objektiven Funktionen das Handeln des Individuums entscheidend bestimmen.

Subjektiver und objektiver Typus Mensch – R.M.F – Alltagspsychologie

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