Lucius Iunius Brutus

Lucius Iunius Brutus · Römische Sage · Erster römischer Konsul

Die Söhne des Tarquinius Priskus waren ganz anders geartet als der weise und gerechte Vater, der vom Volk sehr verehrt wurde.

Tarquinius Superbus, der »Stolze«, errichtete eine Gewaltherrschaft des Königtums, nachdem er seinen Bruder ermordet hatte, um dessen Frau zu ehelichen. Er regierte das Land nach seiner Willkür und achtete wenig auf die Gesetze.

Da erhob sich das römische Volk und vertrieb ihn aus der Stadt. Rom wurde Republik, und Konsuln traten an die Spitze der Stadtgemeinde. Tarquinius fand in Etrurien Unterschlupf, und es gelang ihm sogar, die Freundschaft des Tuskerkönigs Porsenna zu gewinnen. Er gab seine Sache nicht verloren und hoffte, sich durch Schlauheit und List des Zepters wieder bemächtigen zu können.

Tarquinius Superbus besaß noch Anhänger in Rom. Sogar die Söhne des Konsuls Brutus, Titus und Tiberius, fühlten sich ihm innerlich mehr verbunden als den neuen Konsuln. Darauf baute Tarquinius seinen Plan auf. Er schickte Gesandte nach Rom, die öffentlich über die Rückgabe seines Privateigentums verhandeln sollten. Insgeheim aber gab er ihnen den Auftrag, eine Verschwörung anzuzetteln und das Konsulat zu beseitigen.

Die Verschwörung wurde jedoch vorzeitig entdeckt. Den Gesandten des Tarquinius, die unter dem Schutz des geheiligten Gastrechts standen, wurde die sofortige Abreise nahegelegt; die mitbeteiligten Römer aber, auch die Söhne des Brutus, kamen vor das Konsulargericht.

Kopf an Kopf stand die Menge auf dem Forum, als die beiden Konsuln, Brutus und Collatinus, am nächsten Morgen den Prozess eröffneten.

»Ich frage Euch, Titus und Tiberius«, rief Brutus seinen Söhnen zu, indem er die schriftlichen Beweise ihrer Schuld in die Höhe hielt, »ob ihr das Verbrechen des Hochverrats eingestehen wollt?«

Als von den Söhnen keine Antwort kam, fällte er das Urteil: »Euer Schweigen nehme ich als Geständnis. Titus und Tiberius, die Söhne des Konsuls Lucius Junius Brutus, werden zum Tod durch das Beil verurteilt. Liktoren, waltet eures Amtes!«

Viele aus dem Volke schrien laut auf und baten um Gnade für die Verurteilten, während die Jünglinge von den Liktoren ergriffen und zum Richtblock geschleppt wurden. Manch einer unter der Menge barg sein Gesicht in den Händen. Brutus aber stand regungslos da, wie zu einer Bildsäule erstarrt, und sah unverwandten Blickes zu, wie seine Söhne enthauptet wurden.

Auch die Neffen des Collatinus, der die Volksversammlung für die Jünglinge um Gnade bat, wurden hingerichtet. Jetzt erst gab sich Brutus seinem Schmerz hin. Er zerriss als Zeichen tiefster Trauer sein Gewand und ließ die heilige Opferflamme entzünden.

Brutus hatte zwei Söhne verloren, Rom aber die Zuversicht gewonnen, dass die neuen Konsuln die Bürde ihres Amtes zu tragen würdig seien.

Als der erste Konsul später im Kampf gegen Tarquinius fiel, trugen die Frauen Roms ein ganzes Jahr Trauerkleider für Brutus, den Vater der Freiheit.

Lucius Iunius Brutus · Römische Sage · Der erste römische Konsul

Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.

Albert Einstein