09 · Kalenderblatt September

09 · Kalenderblatt September · Weinlese vor Schloss Saumur

Ein Kalenderblatt aus dem unvergleichlichen Stundenbuch des Herzogs von Berry.

Ein Stück porträtierter Landschaft, die Verdute eines der herzoglichen Schlösser, mit spürbar echter Stimmung und Beleuchtung.  

Thema des Monats September ist die Weinlese vor Schloss Saumur. Die Turmspitzen mit ihren hohen Windfahnen, die Lilienornamente auf den Zinnen, die zwanzig schlanken Schornsteine, das blüht alles wie ein wildes Beet hoher weißer Blumen in der dunkelblauen Luft.

Das Blatt, das eine unglaubliche Beobachtung und Genauigkeit verrät, stammt nur in der oberen Hälfte von den drei Brüdern aus Limburg, der untere Teil ist später  entstanden, fügt sich aber der Atmosphäre des Ganzen glücklich ein. 

Dass diese paradiesische Welt, vom Schloss her gesehen, auch ihre Schatten hat, beschreibt Ulrich von Hutten in einem Brief an seinen Freund Pirkheimer:

»Und welch ein Lärm! Da blöken die Schafe, brüllt das Rind, bellen die Hunde, auf dem Feld schreien die Arbeiter, die Wagen und Karren knarren, und bei uns zu Hause, die wir nahe an den Wäldern wohnen, hört man auch die Wölfe heulen.

Jeden Tag kümmert und sorgt man sich um den folgenden, immer ist man in Bewegung, immer in Unruhe. Da müssen die Äcker umgegraben und wieder umgegraben werden, ist in den Weinbergen zu arbeiten, Bäume muss man setzen, Wiesen bewässern, Schollen brechen, säen, düngen, das Getreide schneiden, dreschen, nun ist die Zeit der Ernte, nun die Weinlese.

Ist es dann ein schlechtes Jahr, dann herrscht oft furchtbare Not, furchtbare Armut. Da gibt es dann nichts, was einen nicht zu jeder Stunde aufregt, verwirrt, ängstigt und zermürbt.«

Kalenderblatt September · Weinlese vor Schloss Saumur · Kunst

09 · Kalenderblatt September · AVENTIN Storys
09 · September

Kalenderblatt September - Weinlese vor Schloss Saumur - Kunst - Ein Kalenderblatt aus dem unvergleichlichen Stundenbuch des Herzogs von Berry.

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Autor: N. N.

Bewertung des Redakteurs:
4

Der Mensch braucht Stunden, wo er sich sammelt und in sich hineinlebt.

Albert Schweitzer